Auf dieser Seite wird über die beiden Kirchen in Reinswalde
berichtet. Obwohl Pastoren, Kantoren und auch die Lehrer zum Teil ebenfalls auf
dieser Seite "Kirchen" zu finden sind, werden sie auf den Seiten
"Pastoren" und "Lehrer" bewußt erneut aufgeführt.
Mit interessanten Berichten informiert Sie auch das „Sorauer Heimatblatt“ (s. Hinweis unter "Verschiedenes")
Inhaltsverzeichnis für diese Seite:
1. 150 Jahre
Lutherische Gemeinde
in Reinswalde
Teil 1: Trennung 1849 - Hintergünde und Neuanfang
Teil 2: Der Weg ins 20. Jahrhundert
Teil 3: Von 1919 –
1931 mit Albert Burgdorf
Teil 4: Johannes Hofmann und Martin Kiunke – Die
Jahre von 1931 – 1945
Teil 5: Die lutherischen Lehrer 1848/1849 bis 1945
2. Die Evangelische Kirchengemeinde
3. Kirchliche Sitten und Bräuche um 1920/1930
Die evangelische Kirche in
Reinswalde
650 Jahre Kirchengeschichte Reinswalde von 1346 - 1996
Interessantes und Wissenswertes über Gebäude und Personen von Reinhard Steinke,
Jever
"Es lohnt zu erhalten
und zu bewahren, was erhalten und bewahrt werden kann. Daher reicht es schon,
wenn Wissen mündlich oder schriftlich weitergegeben wird, bevor es zu spät ist."
So wie Anno 1935; da kamen Kunsthistoriker in unser Dorf, die ungeheuer viel
wissen wollten. Alles wurde notiert, vielleicht manchmal auch vermeintlich
unwesentliches, die verschiedensten Sehenswürdigkeiten von Reinswalde im Bild
festgehalten und 1939 in einem Buch mit dem Titel "Die Kunstdenkmäler des
Kreises Sorau und der Stadt Forst" veröffentlicht. Dieses Werk ist meines
Wissens die umfangreichste Dokumentation, in dem ausführlich die Städte und
Dörfer beschrieben werden, in denen seit Jahrhunderten das Leben unserer
Vorfahren geprägt wurde. Neben anderen Aufzeichnungen wird es mir bei meinen
Mitteilungen ein unentbehrlicher Helfer sein.
Mit der Neuanlage eines Dorfes war der Bau einer Kirche
überwiegend eingeplant, und so war es auch bei der Gründung von Reinswalde.
Diese wird von mir um das Jahr 1241 datiert, geschah aber eher 10 bis 20 Jahre
früher, und war daher um 1250 in den Grundzügen bereits abgeschlossen. Die bei
der Rodung des Urwaldes und der anschließenden Bearbeitung der gewonnenen
freien Flächen gefundenen größeren und kleineren Feldsteine wurden
zusammengetragen und u. a. für den Aufbau der in Reinswalde stehenden Kirche
genutzt. In dem etwa 9 km nordöstlich von Sorau gelegenen Waldhufendorf hat sie
mitten im Dorf seit Jahrhunderten ihren Platz, die einst so stolze katholische
und seit der Reformation evangelische Kirche. Sie liegt auch heute noch etwas
erhöht und wird von dem alten Friedhof umgeben. Doch die Annahme täuscht, wenn
der Betrachter meint, daß sie auf einer kleinen Erhebung steht. Es ist das von
Wellersdorf kommende natürliche Geländegefälle, das diesen optischen Eindruck
vermittelt und durch Straßenverlauf und Kreuzung verstärkt wird. Das bis hinter
das evangelische Pfarrhaus reichende Gefälle wird durch den im Volksmund
"Baache" genannten Bach Schlatnitz begrenzt und dieser mündet nach
vielen Windungen in den Bober.
Mit Sorge stelle ich den
immer weiter fortschreitenden Verfall der einstmals evangelischen Kirche fest.
So strahlen die wuchtigen Mauern auch als Ruine noch immer ein Gefühl der
Geborgenheit aus. Ziemlich windig ist es in den letzten Jahren in diesem
Gebäude geworden; doch der eingestürzte Dachstuhl und Sonne, Nässe, Kälte und
Schnee tragen nicht dazu bei, daß sich der Zustand verbessert. Absperrungen und
Hinweise auf die Gefahr beim Betreten des Geländes deuten auf das baldige Ende
einer Jahrhunderte währenden Geschichte hin. Noch halten die starken Mauern den
Wetterwidrigkeiten stand, doch lange wird dieses Bauwerk nicht mehr bewundert
werden können. Dann wird sich auch das jährlich wiederkehrende Storchenpaar
nach einem anderen Nistplatz umsehen müssen. Nach meinem Verständnis zur
Geschichte kann aber Verfall nicht Sinn von Geschichte sein, doch im Laufe der
Geschichte haben schon andere, weit schlimmere Dinge die Welt und auch unser
Reinswalde verändert.
Lange erfährt man nichts
über kirchliche Angelegenheiten der Lausitz. Am 11. Januar 948 unterzeichnet
Kaiser Otto I. in Mainz eine Urkunde, stiftet dadurch das Bistum Meißen und
legt gleichzeitig dessen Grenzen fest; und auch die ursprüngliche Lausitz
findet in diesen ihren Platz. Aber erst im Jahr 995 erfüllt Kaiser Otto III.
den Anspruch des Bischofs von Meißen und überträgt ihm dieses Gebiet. Frühestens
die "Meißener Bistumsmatrikel" aus dem Jahr 1346 bringt dann endlich
Klarheit auch über einen großen Teil der Herrschaft Sorau. Das verschollene
Original ist durch mehrere Abschriften aus den verschiedensten Jahren (1495,
1605 usw.) erhalten, und diese verweisen auf den Ursprung des Jahres 1346. Die
Matrikel nennt Kirchen in " ..., Benen, Renyswalde, ... und
Wellersdorf", um nur die unmittelbaren Nachbardörfer mit anzuführen.
Verwirrend sind die verschiedenen Schreibweisen in den Abschriften. Während
Nitze Unruh im Landregister der Herrschaft Sorau von 1381 die Abgaben für den
Ort "Reynniswalde" erfaßt, wird das Dorf in der Abschrift 1495 mit
Hinweis auf 1346 "Renyswalde" und 1730 (... 1346) "Rembswalde
al. Renyswalde" genannt und gehört zum "Sedes Soraw". Die
Urkunde beweist somit, daß unser Dorf bereits 1346 eine Kirche hatte und man
darf annehmen, daß es die aus dem 14/15. Jahrhundert stammende Feldsteinkirche
ist, wie wir sie kennen und von Fachleuten in diese Jahrhunderte datiert wird.
Aber sie wird nicht das erste Kirchengebäude in Reinswalde gewesen sein.
Umfangreiche historische Untersuchungen auf dem Gelände werden eines Tages die
Frage beantworten, ob zunächst nicht doch eine Holzkirche an dieser Stelle
gestanden hat, wie seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts vermutet wird. Die
mindestens 650jährige (eher ältere) Geschichte für ein Gotteshaus gilt demnach
nicht nur für Reinswalde, sondern auch für einige unserer Nachbardörfer.
Stolz und imposant bietet
sich die Kirche dem Betrachter von außen. Man vermutete allerdings keine 500
Plätze für die Gläubigen und die äußere Schlichtheit dieses aus Feldsteinen
errichteten Gebäudes stand im Gegensatz zur reichlichen Ausstattung im Innern.
Zu bewundern ist auch die Mauer mit dem rundbogigen sattelgedeckten Tor, die
das Gotteshaus und den alten Friedhof umschließt. Diese ist mit einem Pultdach
versehen und endet zum einen an der Südseite (Dorfstraße) und zum anderen an
der südöstlichen Seite (in Richtung Lehmann, Hermann) der zur Lehnschölzerei
(Blobel) gehörenden Scheunen - ebenfalls Feldsteinbauten. Kirche und Friedhof
erreicht man durch ein rundbogiges sattelgedecktes Tor, das von einem auf dem
Torbogen stehenden 35 cm hohen Zinnkreuz aus dem 18. Jahrhundert geschmückt
wurde. Es gilt als verschollen, ist den älteren Reinswaldern aber noch bekannt
gewesen und war eines von vielen kunstgeschichtlichen Schätzen unseres Dorfes.
Beide - Kirche/Kirchhof und Lehnschölzerei - sind zwischen den Scheunen mit
einem Durchgang verbunden, der heute noch genutzt werden kann.
Die im teilweise verputzten
Feldsteinbau vor dem 2. Weltkrieg gefundenen Nachrichten des 15./16.
Jahrhunderts berichten vom Anbau des Turmes an der Nordseite des
Kirchenschiffes, von der Errichtung zweier Vorhallen mit Treppen auf beiden
Seiten des Turmes und dem Anbau der Sakristei an der Südseite des Chores. Die
beiden oberen Turmgeschoße sind allerdings erst zwischen 1561 und 1597
aufgesetzt worden. Detailbeschreibungen über den Baustil lasse ich weg,
Interessierte können sich im o. a. Buch „Die Kunstdenkmäler ...“ informieren,
denn viel interessanter erscheinen mir einige Besonderheiten, die durch den
Verfall freigelegt wurden.
Auf zwei Bildern kann der Leser das Innere des
Kirchenschiffes wunderbar miteinander vergleichen. Der Blick geht in beiden
Fällen vom Altarraum zum Westgiebel (in Richtung Waltersdorf) mit der
Orgelempore. Deutlich ist in seiner Schönheit das wahrscheinlich 1519
nachträglich eingezogene Gewölbe im Kirchenschiff (und im Chor) zu erkennen.
Während in der Ruine lediglich die tragenden Elemente an den Wänden links und
rechts noch vorhanden sind, ist das Gewölbe im Chor auch heute noch zu
bewundern. Unser Blick fällt dann auf die reichverzierten, zweirängigen
Emporen, deren Ursprung um 1450 anzusiedeln ist. Die sich bis in den Chor
(Altarraum) erstreckenden einfachen Emporen befanden sich ursprünglich auf
allen Seiten des Chores und die südliche (an der Seite zur Sakristei) wurde
erst 1921 entfernt. Die gut zu erkennenden Maueröffnungen für die tragenden
Balken der Emporen sind daher Relikte einer vergangenen Zeit. Am linken
vorderen Rand befindet sich die Tür zur Sakristei; hinter der Liedertafel ist
die einfache und doch schmucke Kanzel zu erkennen. Erwähnenswert ist auch die
in den Jahren 1703/1704 angeschaffte Orgel, die in einem Gehäuse mit
Akanthuswangen eingebaut ist und ihren Platz auf der zweiten Ebene der Empore
fand. Nach einem 1935 im Pfarrarchiv aufbewahrten Kontrakt wurde sie von
Bernhard Rätz in Freystatt erbaut, wobei das Werk mehrmals erneuert wurde, u.
a. durch Gottfried Heerde aus Sorau.
Ein baldiges Ende des
Kirchengebäudes lassen auch die kümmerlichen Überreste der Orgelempore mit der
Jahreszahl 1568 (68MC) erahnen. Außerdem sind in den letzten Jahren im Chorraum
durch Witterungseinflüsse etliche Wandmalereien aus vergangenen Zeiten freigelegt worden. So z. B. eine guterhaltene Sonnenfigur und zwei Masken als
weitere Zeichnungen. Im bereits erwähnten Buch "Die Kunstdenkmäler
..." wird beschrieben: "Die Schienenrippen des Chores mit gekehlter
Rücklage enden auf Kopfkonsolen und haben keine Schlußsteine." Diese
Kopfkonsolen waren ursprünglich - und sind es auch jetzt wieder -
farbenprächtig anzusehen; wobei "farbenprächtig" heute mit
Einschränkungen zu versehen ist. Dieses gilt auch für die Reste der Sonnenfigur,
die sich bis in unsere Tage erhalten hat. Das große Fresko am Westgiebel
unterhalb der Orgelempore erscheint sehr bemerkenswert und es verwundert, daß
diese wohl aus der Zeit vor der Reformation stammenden Fragmente nicht im o. a.
Buch beschrieben werden. Doch der getünchte Innenputz bis hinauf zum Gewölbe
auf dem Westgiebel und die unter dieser Empore zur ebenen Erde stehende
Kirchenbank mit einem Überbau auf gedrehten Säulen aus dem 17./18. Jahrhundert
haben den freien Blick darauf verhindert. Vom noch erkennbaren Ziegelfußboden
des Kirchenschiffes unter und hinter der Westempore reicht die große
Wandmalerei immerhin bis in die Mitte der ersten Etage. Das Werk entstand
vermutlich zwischen 1519 und 1530, also in der Zeit, die zwischen dem Umbau im Innern
der Kirche (s. o.: Einziehen des Gewölbes und Innenputz) und der Reformation in
Reinswalde lag. Die Deutung dieser Zeichnung bereitete mir jedoch lange Zeit
einige Kopfschmerzen. Doch Dank der
uneigennützigen Hilfe von Herrn Dr. Seifert vom Bischöflichen Ordinariat des
Bistums Dresden-Meißen in Bautzen, dem ich das abgebildete Foto zur
Begutachtung mit der Bitte um Erläuterung vorlegte, konnte ein weiterer
Baustein in die Ortsgeschichte von Reinswalde eingefügt werden. Entgegen meiner
Vermutung legt er Entstehung dieses Wandbildes doch schon weit vor 1519. Es
zeigt eine spätmittelalterliche Darstellung der Heilig-Grab-Kirche in
Jerusalem, auch als Grabeskirche ein Begriff. Aus dem schlechten Zustand der
Inschrift links und rechts neben dem Turm enträtselt Dr. Seifert mit Vorbehalt
die Worte: "... dispositio domini sepulcri ...", was übersetzt
bedeutet "... Beschreibung des Grabes des Herren ...".
Leider ist der Chorraum
nicht im Bild überliefert und auch vom Altar fehlt eine Gesamtansicht. Ein
unwiderruflich verlorener Kunstschatz ist der vermtl. von 1509 stammende
gotische Altarschrein, der sich erst geöffnet in seiner ganzen Pracht zeigte.
Im Mittelteil reicht die Gottesmutter dem Kind eine Birne und wird von den vier
Heiligen Katharina (rechts oben) und Dorothea (rechts unten), Barbara (links
oben) und Margaretha umrahmt. Die geöffneten Flügel zeigen uns innen die 12
Apostel mit ihren Attributen. Die Außenseiten der Flügel stellengemalt die
Verkündigung dar. Das ganze ruht auf einem Sockel, der drei gemalte
vielfigurige Darstellungen von Taufe, Abendmahl und Predigt enthält. Die
genannte Marienfigur aus dem Reinswalder Altar schmückt heute den Altar
in der Kirche zu Benau und
hat hier eine würdige Heimat gefunden. Es hat einige Zeit gedauert, bis sich
nach mehreren Hinweisen und vergeblichen Versuchen der Beweis antreten ließ.
Mitte Mai 1996 hatte ich Gelegenheit mit Frau Gerda Zwiatkowska (geb. Flöter
aus Benau) als Dolmetscherin und dank der freundlichen Unterstützung des zu der
Zeit neuen Pfarrers in Bienow (Benau), Herrn Janus Roman, einige laienhafte
Untersuchungen vorzunehmen, die sich naturgemäß auf die Gegenüberstellung mit
dem Foto aus dem Band "Die Kunstdenkmäler ..." beschränken mußte.
Dieser Vergleich zeigte, daß es sich hier tatsächlich um die Altarfigur aus der
evangelischen Kirche in Reinswalde handelt. Die Ähnlichkeiten zwischen dem
Original in der Benauer Kirche und dem Bild aus dem o. a. Buch sind deutlich zu
erkennen. Bei umfangreichen Restaurierungsarbeiten wurden allerdings Kopf und
linker Arm des Kindes erneuert und an der rechten unteren Seite der Figur ist
auch der Umhang verändert worden. Doch an der Echtheit dieses kostbaren
Kunstschatzes aus dem Reinswalder Altarschrein von 1509 ist nicht zu zweifeln.
Selbst die Form des Maßwerksockels und seine Relation zur stehenden Figur sind
gleich. Hinzu kommt die sinngemäße Aussage von Gerda Zwiatkowska: 'Diese Figur
ist von einer Benauer Frau aus der alten Reinswalder Kirche nach Benau geholt
worden.' Als äußerst ungewöhnlich bezeichnete Pfarrer Roman es jedoch, daß
diese Figur "Maria mit dem Kind" aus vorreformatorischer Zeit nach
der Reformation in einer evangelischen Kirche stand. Mit dem Bild des
Altaraufsatzes konnten diese Bedenken allerdings ausgeräumt werden.
Ebenfalls gänzlich
verschollen ist auch das wertvolle Inventar, überwiegend aus Zinn ist dieses in
den Wirren nach dem letzten Krieg verlorengegangen.. Es bestand aus kostbaren
Abendmahlsgeräten und Taufgegenständen aus dem 17. Jahrhundert sowie zwei
achtarmigen Kristalleuchtern und einem kleinen sechsarmigen Kronleuchter aus
Schmiedeeisen. Die von der Decke herabhängenden Leuchter sind auf dem Bild des
Kirchenschiffes gut zu erkennen. Doch einige Zeugnisse aus vergangenen Tagen
sind noch vorhanden und sollen abschließend genannt werden. Zum einen handelt
es sich um die beiden Grabsteine der Reinswalder Pfarrer Georg Martin
(1615-1690) und Johann Caspar Richter (1673-1715) - leider stehen sie außerhalb
der Ruine und verfallen immer mehr. Diese beiden Platten werden in einem
gesonderten Beitrag beschrieben. Die ursprünglichen Beschlägen auf zwei
Kirchentüren - wunderschöne Kunstschmiedearbeiten – haben den Kampf gegen den
Rost noch nicht aufgegeben. Auch sie sind zu bewundern, doch wie lange noch?
Und ein drittes Zeugnis ruft
mit seinem Klang heute noch die Christen zum Gottesdienst. Zusammen mit der
kleinen Glocke aus dem Geläut der lutherischen Kirche zu Reinswalde hat auch
die mittlere Glocke der evangelischen Kirche einen ehrenden Platz im Turm des
ehemals lutherischen und heute katholischen Gotteshauses gefunden. In Artikeln und Aufsätzen habe ich in den
vergangenen Jahren immer wieder von den "zwei kleinen Glocken aus beiden
Kirchen" berichtet, die in Reinswalde verblieben sind. Doch bei der Glocke
aus der evangelischen Kirche habe ich mich geirrt. Hier handelt es sich
zweifellos um die mittlere mit ihrem Durchmesser von 90 cm. Durch die
Minuskelumschrift
"o rex glorie veni cum
pace. ave maria gracia plena dominus tecum"
("O König der
Herrlichkeit komm mit Frieden. Gegrüßet seist Du Maria
voller Ehre. Der Herr sei mit
Dir.")
hat sie sich letztendlich verraten. Die Autoren und Historiker des Buches
"Die Kunstdenkmäler des Kreises Sorau ..." datierten 1939 diese
Glocke in das 15. Jahrhundert. Sie ist daher heute als kunsthistorische
Kostbarkeit von unschätzbarem Wert anzusehen. Für die vormals katholische
Kirche gegossen und durch die Reformation von 1530 bis 1945 unterbrochen,
schließt sich für diese Glocke ein Kreis. Ruft sie doch heute die Gläubigen zur
Messe des nun katholischen Gotteshauses im jetzt Zlotnik genannten Reinswalde
und gemeinsam mit der lutherischen Glocke von 1925 ertönt ihre Stimme weiter
aus dem Turm der ehemals lutherischen Kirche. Die restlichen vier Glocken beider Kirchen gelten
als verschollen. Lediglich über die beiden aus der evangelischen Kirche liegen
Beschreibungen vor und sie sollen an dieser Stelle wiedergegeben zu werden. Die
kleine wird lediglich mit "40 cm Durchmesser, 17./18. Jahrhundert"
erwähnt, während die Große ausführlich beschrieben wird und mit 125 cm
Durchmesser ein wirklich eindrucksvolles Exemplar ihrer Zunft war:
"Halsumschrift vierfach mit lateinischen und deutschen Versen. Am
Schlagrand Inschrift in schlichter Versform, besagend: '1500 in Sagan
gegossen, 1601 umgegossen'. Namen: 'Hans Thyle, Schreyber, Jacob Scholtz, Simon
Militz Kirchväter, Jacob Weygell zu Soraw Ziengiesser'. Am Mantel das Wappen
des Heinrich Anselm Freiherrn v. Promnitz und Namen des Pfarrers David Tymaeus
Damlah. Ferner Grablegung Christi, Auferstehung und Dreifaltigkeit in
Reliefs."
Außer dem Kirchengebäude
befanden sich in Reinswalde früher auch noch Reste von drei Kapellen, von denen
bereits 1935 nichts mehr nachzuweisen ist. Dem sogenannten Lagerbuch war zu
entnehmen, daß eine Kapelle 1833 im Oberdorf an der Straße nach Sorau und die
andere im Niederdorf Ende des 18. Jahrhunderts noch vorhanden war, während die
dritte in der Nähe der Kirche an der Straße nach Wellersdorf stand. Die genauen
Standorte waren 1935 schon nicht mehr zu erfahren, um so schwieriger wird es sein,
mehr als 60 Jahre später diese Plätze ausfindig zu machen.
Einige Zeilen zuvor ist uns
"Hans Thyele, Schreyber" begegnet. Sein Amt war äußerst vielseitig
und umfaßte Tätigkeiten sowohl für das kirchliche als auch für das weltliche
Gemeindeleben. Kirch- und Gerichtsschreiber, Custer (Küster), so manches Mal
Kantor, Organist, und später auch noch Lehrer sind Bezeichnungen für die
Person, die nach Gerichtsschulze (Lehnschulze) und Pastor eine wichtige Aufgabe
innerhalb der Dorfstruktur wahrnimmt. Doch Hans Thiele ist nicht der erste
seines Amtes, der uns begegnet. Bereits am 10. Juni 1456 wird erstmals ein
Küster (Schreiber) namentlich genannt. Barbara Domassine (die Witwe des
Thomas; "ine" steht für Witwe) überschreibt nach dem Tode
ihres Mannes ihr Eigentum, die Schuld zu Furstenberg, an "Johannes
Brewinger, Custer des Dorfes Reyniswald". Joh. Brewinger darf alles als
Eigentum benutzen. Diese Eigentumsübertragung ergibt dann nur einen Sinn, wenn
davon ausgegangen wird, das obiger Thomas ebenfalls "Custer" und
somit Vorgänger des Johannes Brewinger war und Barbara, des Thomas Witwe, eine
Rente aus ihrem Besitz beansprucht. Noch im gleichen Jahr bestätigt Wenzel von
Biberstein das Urteil des Richters und der Schöffen von Reyniswald wegen einer
von Barbara Domassine erbetenen Schuldauflassung. Richter war Nickil
Hersfelder; er und 12 weitere namentlich bekannte Bewohner unterzeichnen als
Geschworene des Dorfes Reyniswalde.
Über die Schulen und ihre
Lehrer in unserer Heimat wurde schon 1978 im Sorauer Heimatblatt ausführlich
berichtet. Reinswalde kommt allerdings nur ganz kurz vor, so werden die Lehrer und
die Pastoren auf dieser Seite in einem eigenen Abschnitt
vorgestellt. Wir übergehen dieses Thema in unseren Betrachtungen, wenden uns
allerdings bewußt zusätzlich den Pastoren zu, denn der erste nicht namentlich
genannte Pfarrer begegnet uns im Jahr 1381. Das Landregister nennt die
Steuerabgaben, die aus den Einkünften des Dorfes und seiner Bewohner zu
entrichten sind. Als "Besoldung" des Pfarrers dient die eigenständige
Bewirtschaftung eines ziemlich großen Flurstücks - "Widmut" genannt.
Dieses lag zwischen den Ackerflächen der Bauern (s. Karte auf S. 10 im Sor.
Heimatbl. Sept./Okt. 1991) und ist mit 22 Ruten von 1381 einem großen Bauernhof
gleichzusetzen (1 Hufe = 12 Ruten = 40 Morgen). Außerdem waren dem Pfarrer 2
Bauern mit je ½ Hufe dienstpflichtig und 3 erbliche Gärtnernahrungen dienten
der Widmut, die sogenannten "Pfarrgärtner". Man kann also durchaus
annehmen, daß es dem Pfarrer entsprechend seiner Stellung im Dorf gut ging. In
welchem Gebäude er damals lebte und wo dieses stand, ist nur eine Vermutung;
auf keinen Fall weit von der Kirche entfernt. Es wird wohl in unmittelbarer
Nähe zum Biberstein-Promnitzschen Jagdhaus aus Fachwerk gestanden haben, das
seit 1586 als Pfarrerwohnung diente. In den Jahren zwischen 1794 und 1801 wurde
dieses abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Zimmermeister Gottfried
Schitke aus Wellersdorf schloß seine Arbeiten 1801 ab (Zahl im Giebel); so
berichtete es 1935 der Bauinspektor Johann Gottlieb Richter den
"neugierigen" Buchautoren.
Akten über diesen Pfarrhausbau lagerten 1935 im
Pfarrarchiv und waren auch im GeheimenStaatsArchiv (GStA., Rep. 139 C 2186 a
Nr. 14) zu finden. In Aufzeichnungen von Dorothea Schöne (Tochter des luth.
Pfarrers Paul Albrecht Schöne) über ihre Kindheit in Reinswalde von 1885 - 1892
beschreibt sie das Pfarrhaus als "... wunderschöner stattlicher Bau, der mit
dem hohen Dach fast wie ein Barockbau aussah. Es war aber, wenn man hineinkam,
düster und feucht; ...". Um 1975/1980 errichteten die Bewohner des
heutigen Zlotnik an dieser Stelle das Kulturhaus, ein wahrhaft würdiger
Nachfolger. Die Gedanken an die vielen Festlichkeiten in diesem Haus mit
unseren polnischen Freunden wecken nette Erinnerungen. Ob wohl jemand daran
dachte, auf welch geschichtsträchtigem Stückchen Erde in Reinswalde gefeiert
wurde?
Bleibt als Ergänzung für
diesen Abschnitt noch zu erwähnen, wie der erste Priester heißt, der uns
namentlich begegnet. Es ist "Gregorius,
plebanus in Reniswalde, der in einer Urkunde vom 15. Juli 1503 mit der
die Priesterschaft der Sedes Sorau (36 Priester) erklärt, in der Angelegenheit
des Türkenkreuzzuges sich an die Beschlüsse des Bautzner Domkapitels halten zu
wollen (plebanus = [stellvertretender] Seelsorger einer Pfarrei); die Urkunde
ist auf Papier geschrieben und mit dem aufgedrucktem Papiersiegel des
Archipresbyterates Sorau versehen." Im Zuge der Reformation gilt ab 1530
der in Sorau geborene Andreas Treuthmann bis zu seinem Tod 1551 als erster
evangelischer Pfarrer in Reinswalde. Treuthmann kam aus Schönwalde und war dort
letzter katholischer Priester und erster evangelischer Pfarrer. Über die ev.
Pastoren Georg Martin und Johann Caspar Richter habe ich bereits weiter oben
berichtet. Die lange Reihe der evangelischen Pastoren schließt 1945 mit Pastor
Paul Bublitz, der den Reinswaldern noch wohlbekannt ist. Er starb vor einigen
Jahren im hohen Alter; seine Frau Ruth lebte bis zu ihrem Tod ebenfalls in
Berlin. Mit ihm endet 1945 nicht nur die 415 Jahre dauernde Geschichte der
evangelischen Gemeinde. Zur Geschichte der kirchlichen (und weltlichen)
Gemeinde zählt auch die Spaltung 1849 in zwei Glaubensgemeinschaften, die auch
heute noch so manche Frage offen und unbeantwortet läßt. Und noch etwas gibt zu
denken: Unsere "Reynoldeswalder-Urväter"
erbauten im Mittelpunkt ihrer neuen Heimat ein (wie wir heute sagen)
katholisches Gotteshaus. Heute bewohnen wieder katholische Christen das Dorf,
auch wenn sie die zweite Kirche des Ortes betreten. So schließt sich im Laufe
der Geschichte ein Kreis.
Zurück zum Inhaltsverzeichnis
150 Jahre Lutherische Gemeinde in Reinswalde
Teil 1: Trennung 1849 - Hintergünde und Neuanfang von Reinhard Steinke, Jever
Nicht weit von der
evangelischen Kirche in Richtung Wellersdorf, am Fuße des Sängerberges gelegen,
begegnet dem Besucher in Reinswalde eine zweite Kirche, die der lutherischen
Gemeinde. So begann die Vorstellung des lutherischen Kirchengebäudes vor
einiger Zeit im Sorauer Heimatblatt und so soll auch dieser Bericht aus der
Geschichte der lutherischen Gemeinde beginnen. An der großen Weltgeschichte hat
das Dorf nie mitgeschrieben, war aber irgendwie immer wieder daran beteiligt
und hätte doch manches Mal gerne auf diese Ehre verzichtet. Aber ein bißchen an
einem kleinen Rädchen der deutschen Geschichte so mitzudrehen, das das Getriebe
auch noch etwas zum Holpern gebracht wurde, das hat Reinswalde dann doch einmal
geschafft und ist mit seinen zur damaligen Zeit Aufsehen erregenden Vorkommnissen
in die Geschichtsbücher eingegangen, die über Ereignisse aus der Region
berichten. Insofern nimmt das Dorf für sich in Anspruch, das nachweislich die
Ursache der Existenz von zwei im Grunde evangelischer Kirchen in Reinswalde in
den Kriegen zu suchen ist, die Europa zu Beginn des 19. Jahrhunderts
verwüsteten. Sodann gilt als Folge daraus der am 10. Januar 1815 auf dem Wiener
Kongreß geschlossene Vertrag und somit als Ergebnis u. a. die Abtretung der
Niederlausitz von Sachsen an Preußen. Obwohl König Friedrich Wilhelm III. von
Preußen dieses Dokument erst am 18. Mai 1815 unterzeichnete, nahm er schon 4
Tage später das Gebiet förmlich in Besitz und aus Niederlausitzer Sachsen
wurden preußische Niederlausitzer.
Bereits im Frühjahr 1816 war
in der neu geschaffenen Provinz Brandenburg die Bildung des Regierungsbezirkes
Frankfurt a. d. Oder abgeschlossen und ein neuer Kreis entstanden - der
"Kreis Sorau". Gleichzeitig erfuhr das Kirchenwesen in den neuen
Gebieten mit der einheitlichen Regelung in Preußen eine Reform, die mit der vom
König gewünschten Union durch den Zusammenschluß der Lutheraner und
Reformierten und der Einführung der neuen Berliner Agende von 1822 ihren
Höhepunkt erreichte. Beides bereitete große und lange anhaltende
Schwierigkeiten. Gerade in der Niederlausitz stieß diese von der staatlichen
Obrigkeit angeordnete Veränderung auf erheblichen Widerstand, der allerdings
in weiten Teilen bis 1829 nach und nach erlahmte. Die geistliche und kirchliche
Oberaufsicht der Altpreußischen Union übernahm das Konsistorium in Berlin,
während die staatlichen Angelegenheiten auf Bezirksebene in Frankfurt
verwaltet wurden.
Zu dieser Zeit war Gottlieb
Heinrich Schmeil schon seit 1791 als Pastor in Reinswalde tätig. Schon zu
Beginn der kirchlichen Neuordnung bezeichnete er diese als nicht annehmbar, da
sich die Darreichung der Sakramente und Ablauf und Form des Gottesdienstes und
seiner Ordnung in erheblicher Weise von der Auffassung Luthers entfernt hatte.
Standhaft wies er immer wieder auf die Verwässerung der lutherischen Lehre hin,
widersetzte sich den obrigkeitlichen Bestrebungen und wurde schließlich mit
einer Geldbuße von 50 Reichsthalern belegt. Doch auch er konnte die
Veränderungen nicht aufhalten. Nach seiner Emeritierung am 17. Mai 1835 wurde
Johann Samuel Bürger sein von oben eingesetzter Nachfolger, wohl auch deshalb,
weil er der unierten Kirchenaufsicht als leichter lenkbar erschien. Diese wurde
nicht enttäuscht, denn er führte behutsam alle notwendigen Veränderungen ein.
Doch der alte Schmeil nutzte bis zu seinem Tod am 27. Juni 1844 seine lange
Erfahrung, machte seinen Nachfolger auf die Unterschiede zwischen unierter und
lutherischer Lehre aufmerksam, auch wenn er sich nicht offen in die Amtsführung
Bürgers einmischte. Die Gespräche mit dem jüngeren Amtsbruder müssen auf
fruchtbaren Boden gefallen sein, denn nach seiner Rückkehr von der unierten
Generalsynode in Berlin 1846 nannte Bürger die veränderte Lehre der Union
falsch und vertrat dieses auch offen - sehr zum Unwillen seiner Kollegen und Vorgesetzten.
Ähnliche Vorkommnisse um
1835 in Wellersdorf, die allerdings nur mit staatlicher Gewalt und
Suspendierung des dortigen Pastors Tauscher beendet werden konnten, bestimmten
wohl das nun folgende Geschehen in Reinswalde mit. Die zahlreichen Übertritte
namhafter und bekannter Pastoren in Pommern und der Mark zur lutherischen
Kirche im Jahr 1847 drangen auch bis Reinswalde und hatten indirekt ebenfalls
sicherlich Einfluß auf den weiteren Verlauf. Doch die entscheidende Situation
stand erst noch bevor. Ein Erfolg des gegenseitig ständig gesuchten Kontaktes
war das von Bürger angeregte und erst kürzlich (um 1846/1847) gebildete
Reinswalder Kirchenkollegium. Dieses zeigte sich seinen Argumenten gegenüber
sehr aufgeschlossen und entsandte ihn und ein Mitglied des Gremiums im
September 1848 zur Teilnahme an die 3. Generalsynode der luth. Kirche in
Breslau. Überzeugt von der Richtigkeit ihres Handelns kehrten beide zurück und
alles zusammengenommen haben schließlich diese Ereignisse das Ergebnis mit
geprägt.
So mündeten die gravierenden
Meinungsverschiedenheiten zwischen der Gemeinde mit Pastor Bürger an der Spitze
auf der einen und dem preußischen Staat mit der von ihm verordneten
evangelischen Unionskirche auf der anderen Seite fast zwangsläufig in eine
Trennung. Der Austritt des überwiegenden Teiles des Dorfes unter Führung
Bürgers aus der als "staatlich empfundenen" Kirche am 17. Dezember
1848 setzte lediglich den vermeintlichen Schlußpunkt unter eine Entwicklung,
die als Konsequenz bei der unierten Kirchenführung mit Sicherheit so nicht
erwartet worden war; schließlich wurde ja die "Rebellion" in
Wellersdorf auch zur Zufriedenheit gelöst. Doch die zur lutherischen Lehre
neigenden Reinswalder bestätigten den Entschluß des Kollegiums in einer
Versammlung am 7. Januar 1849. Sie baten um Aufnahme in die lutherische Kirche,
die in Breslau mit dem Oberkirchen-Kollegium seit einigen Jahrzehnten ihr
geistliches Zentrum in "Deutschland" hatte und später als
"Alt-Lutheraner" in Kirchenkreisen ein Begriff war. Nebenbei und der
Zeit weit voraus sei erwähnt, daß sich 1991 auch die restliche
"Alt-Lutherische Kirche" auf dem Gebiet der DDR an die 1972 zwischen
Alt-Lutheranern und anderen lutherischen Freikirchen in Deutschland gegründete
"Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK)" anschließen
konnte; der bereits 1976 eine weitere Freikirche beigetreten war. Doch bis
dahin war es noch ein langer und dornenreicher Weg.
Als dann endlich am 28.
Januar 1849 die Nachricht kam: "Reinswalde ist Mitglied der lutherischen
Kirchengemeinschaft", konnten auch von Union und Staat eingesetzte
kirchliche und weltliche Aktivitäten die Entscheidung der "Reinswalder
Revolutionäre" nicht ändern, überwiegend blieben diese fest bei ihrer
Meinung! Einige wenige bereuten zwar ihren Entschluß und nahmen ihre
Entscheidung zurück. Unabhängig voneinander, doch im Ton völlig anders,
bestätigten beide Seiten, daß während des Frühlings 1850 dieser Prozeß bereits
abgeschlossen war und 18 Familien mit etwa 100 Personen in der unionsorientierten
evangelischen Gemeinde verblieben, während über 90 % der Bevölkerung weiter
der lutherischen Lehre folgten.
Nach monatelangen
Streitigkeiten wurden in einer rechtlichen Entscheidung die evangelische
Kirche, das Pfarrhaus und die ihr gehörenden Ländereien den Reinswaldern
zugesprochen, die nicht bei der durch die kirchliche Lehre bestimmten
Glaubensgemeinschaft bleiben wollten, sondern sich dem "Druck staatlicher
Gewalt" beugte - so hieß es damals aus lutherischer Sicht. Umfassende
Schriftwechsel mit durchaus verständlicher Begründung von beiden Seiten waren
dieser Entscheidung vorausgegangen, doch letztendlich war alle Mühe der
Lutheraner vergeblich. Zu festgesetzten Terminen mußten die Kirche mit dem
gesamten kostbaren Inventar und das geräumte Pfarrhaus übergeben werden. So
wurde in der altehrwürdigen Dorfkirche am 28. Oktober 1849, dem 21. Sonntag
nach Trinitatis, der letzte luth. von Pastor Bürger geleitete Gottesdienst
gefeiert, und am 13. November ging das stattliche Pfarrhaus in den Besitz der
evangelischen Kirche über, obwohl es ja aus Sicht der Unionskirche ‘verblieb
im Besitz’ heißen müßte. Andererseits ist nach dem Verständnis der lutherischen
Kirche diese seit der Reformation der Lehre Martin Luthers verpflichtet und
wäre demnach, wie in den Jahrhunderten zuvor, der rechtmäßige Eigentümer
geblieben, geworden, ... Doch es wurde anders entschieden. So fand diese Besitzübergabe
ihren Abschluß mit dem Auszug von Pastor Bürger, der nun in einem kleinen
Häuschen eine neue Unterkunft fand, über das ein paar Zeilen weiter noch
berichtet wird. Er überließ es dem jungen evangelisch-unierten Vikar Immanuel
Schäfer, dem - milde ausgedrückt - bereits seit seinem Einzug am 11. November
1849 das Leben in Reinswalde nicht leicht gemacht wurde. Obwohl mir hier der
Ausspruch "das Leben zur Hölle gemacht" treffender erscheint,
empfinde ich ihn aber durch den religiösen Hintergrund an dieser Stelle eher
unpassend. Über Schäfers Zeit in Reinswalde, über Einzelheiten und Hintergründe
berichtete sein Enkel bereits vor 75 Jahren und das ist nachzulesen im Sorauer
Heimatblatt 11/1969. Leider hielten sich in der Übergangsphase 1849/1850 die
Christen beider Seiten in der Wahl ihrer Worte und Taten nicht zurück und
ließen sich zu Handgreiflichkeiten hinreißen. Teilweise nahm das so groteske
Züge an und steigerte sich dermaßen, daß im Verlaufe der Ereignisse 25
Personen aus Reinswalde zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden, unter denen sich
auch die beiden Töchter Bürgers befanden.
Damit waren nun plötzlich
9/10 der Bewohner ohne ihren weltlichen religiösen Mittelpunkt und die
lutherischen Gemeindeglieder konnten ab Herbst 1849 bis etwa Mitte 1850 ihre
Gottesdienste, kirchlichen Handlungen und sonstigen Zusammenkünfte nur in den
Häusern einzelner Familien abhalten. Heimlich und an manchen Tagen an drei
verschiedenen Orten, da diese Treffen von zahlreichen Widrigkeiten
unionsorientierter staatlicher Obrigkeit begleitet wurden. Doch schon bald
hatte dieses ein Ende. Bereits 1850 konnte durch den Kauf günstig gelegener Ländereien
ein solider Grundstein zukünftiger Gemeindearbeit gelegt werden. Es war
erstaunlich, wenn man den Zeitgeist bedenkt, je mehr Druck die Reinswalder
Lutheraner von außen bekamen, desto enger rückten sie zusammen. Aus Wellersdorf
konnte ein nicht mehr benötigter Schafstall erworben werden, der bereits im
gleichen Jahr als neues und provisorisches (alt)-lutherisches Gotteshaus in
Reinswalde geweiht wurde. Den Überlieferungen zufolge, hatte dieses Gebäude
eine Besucherkapazität von 800 Sitzplätzen und bot damit mehr Menschen Platz,
als die 25 Jahre später neuerbaute lutherische Kirche. Außerdem übertraf dieses
Haus auch das Angebot von 500 Plätzen der "unierten Landeskirche" um
etliches, was natürlich den Stolz der Gemeindeglieder hervorrief. Dieses nun
neue Gotteshaus war in der ersten Zeit nach der Trennung meistens - wohl auch
aus Neugierde - Sonntag für Sonntag bis auf den letzten Platz auch mit
Besuchern aus dem benachbarten Schlesien gefüllt, während die Gottesdienste in
der evangelischen Kirche keine 50 Personen besuchten und mehrfach ganz abgesagt
werden mußten.
Zusätzlich zum Schafstall
wurden bis 1851 noch ein kleineres Pfarrhaus und die erste lutherische Schule
gebaut. Das Pfarrhaus, so scheint mir, ist wohl als bereits stehendes Gebäude erworben
worden, wie auch oben bereits erwähnt, denn über dieses kleine Häuschen
berichtete die 1885 in Reinswalde geborene und später als lutherische Lehrerin
in Reinswalde tätige Dorothee Schöne in ihren Reinswalder Erinnerungen und
beschreibt es aus der Sicht des kleinen Mädchens:
"Das alte kleine Pfarrhaus in Reinswalde, in
dem Andreas, Christian und ich geboren sind, steht nicht mehr unter dem dicken
alten Nußbaum. Es war ein einfaches kleines Weberhaus mit wenigen Räumen und
einer "blauen Türe, die in schiefen Angeln hing", wie Tante Emma in
einem Silberhochzeitsgedicht gesagt hat. Es wurde 1888 abgerissen, nachdem auf
dem Pfarrgrundstück, etwa 40 m entfernt ein neues zweistöckiges Pfarrhaus
erstanden war. Ich habe also, da ich beim Bau des neuen Hauses erst 3 Jahre alt
war, keinerlei Erinnerungen an das alte, ....."
Dieser Neubau steht auch heute noch und dient seit mehr als 100 Jahren dem
jeweiligen Pfarrer als Wohn- und Dienstgebäude.
Nachdem nun die Anfänge
gemeistert waren, wurde Pastor Bürger nach seiner Amtsniederlegung am 28. April
1854 in Anwesenheit seines Nachfolgers Maximilian Frommel aus Reinswalde
verabschiedet; er hatte als Lehrer am luth. Privatgymnasium von Pastor Dr.
Francke in Rogasen eine neue Aufgabe übernommen. An dieser Stelle sei kurz
erwähnt, daß umfangreiche Lebensläufe der acht lutherischen Reinswalder
Pastoren vorliegen. Im September 1854 gewählt und am 11. Oktober eingeführt,
bleibt Frommel allerdings nur bis Pfingsten 1858, wird Pastor in Ispringen bei
Pforzheim und - 19 Jahre später wird sich Reinswalde noch einmal an ihren
ehemaligen Pastor erinnern. Nur zwei Jahre länger blieb sein Nachfolger Ludwig
Wilhelm Semm. Angetreten hatte er sein Amt am 18. Juli 1858, mußte aber im
September 1864 sein Amt niederlegen, da dieses durch seinen Wechsel zur
Diedrich'schen Sezession, der Immanuel-Synode, notwendig wurde. Von Julius
Diedrich angeführt, trennte sich 1864 eine Minderheit von den Lutheranern, da
auf die Frage, wie man "sich unter den Bedingungen selbständiger Existenz
verfassen sollte", keine Antwort gefunden wurde oder anders ausgedrückt,
so wurde mir von Pastor emer. Rathje aus Balhorn einmal mitgeteilt, "da
wegen der Einführung einer demokratischen Mitbestimmung in kirchlichen Fragen
keine Einigung erzielt werden konnte". Es dauerte 40 Jahre bis man das
Widersinnige in dieser Sache erkannte, um sich 1904 wieder den Lutheranern
anzuschließen.
In erstaunlich kurzer Zeit
wurde mit Friedrich Georg Samuel Biehler ein Nachfolger gefunden. Von dem
vorübergehend noch einmal Reinswalde verwaltenden Pastor Bürger zu einer
Probepredigt aufgefordert, wurde am 3. Advent 1864 einem 29jährigen jungen Mann
eine verantwortungsvolle Aufgabe übertragen. Als Pastor von Brüssow in der
Uckermark hatte er erste Erfahrungen gesammelt. Über seine Anfangsjahre in
Reinswalde ist wenig bekannt, wohl aber, daß die Generalsynode ihn 1873 in die
Ehekommission beruft. Seine Predigt zum 25jährigen Bestehen der luth. Gemeinde
am 3. Sonntag nach Epiphanias 1874 ist in gedruckter Fassung erhalten geblieben,
doch nicht nur damit wird er Reinswalde verbunden bleiben.
Der Erlös aus dem Verkauf
dieses Druckwerkes bildete den Grundstock für den Kirchenneubau, denn irgendwann
hat auch ein Provisorium ausgedient und nach 28 Jahren drohte das lutherische
Kirchengebäude (der ehemalige Schafstall) einzustürzen. Wie gefährdet die
Gemeinde wirklich war, zeigte sich allerdings erst beim Abriß. Die Säulen der
Empore waren "weit aus ihrer Lage gerückt" und es grenzte an ein
Wunder. daß in den vergangenen Jahren kein Unglück geschah, so schreibt Biehler
selbst in seinen Erinnerungen. Und auch das notierte er, denn bereits 1865
wurde die luth. Gemeinde verspottet "... wegen unseres alten Kirchleins,
an dem wir als einem ehemaligen aus Fachwerk bestehenden Schafstall fortwährend
flicken mußten, höhnisch den Rat gegeben, wir sollten unsere Kirche
zusammennähen." Dank seines unermüdlichen Einsatzes für den Neubau einer
Kirche beschäftigte sich ein von ihm 1874/75 ins Leben gerufener Kirchbauverein
mit der finanziellen Planung für dieses kostspielige Bauvorhaben. Der Leser
darf es glauben, bis nach Ispringen in Baden drang die Kunde vom Kirchenneubau
im niederlausitzschen Reinswalde und um Weihnachten 1877 werden von dort als
Weihnachtsgabe 200 Mark auf den Weg gebracht. Endlich - am 2. September 1876
ist Grundsteinlegung für das Kirchenschiff und am 1. Oktober 1877 wird die 2.
lutherische Kirche geweiht, an deren Feierlichkeiten etliche namentlich
bekannte Gäste teilnehmen.
Typisch für Kirchenneubauten
dieser Zeit ist der aus mehreren Zeitepochen stammende Baustil. Historismus
nennt sich dieses vereinende Bauelement und wird an mehreren Stellen deutlich
sichtbar. Markant tritt der Gürtel unter dem Dach des Kirchenschiffes hervor,
der um den 27 Jahre später erbauten Turm herum verlängert wird. An diesem
Steingürtel zeigt sich besonders die Handschrift des leider bis zum heutigen
Tag unbekannt gebliebenen Architekten. Ebenso fallen die rundbogigen Fenster
des Kirchenschiffes auf, die das romanische in diesem Bauwerk vertreten. Über
die Herkunft der am 9.6.1878 (Pfingsten) geweihten Orgel und ihren Baumeister
ist zur Zeit recht wenig bekannt. Bekannt ist aber, daß die seit mehreren
Jahren sammelnden Orgelbauvereine der "Jünglinge und Jungfrauen"
einen wesentlichen Beitrag, wenn nicht sogar den ganzen Anteil der Anschaffungskosten
getragen haben, denn diese waren beim Kauf vorhanden und die Gemeinde wurde
dadurch finanziell nicht zusätzlich belastet. Nach übereinstimmenden Aussagen
handelt es sich noch immer um das Original und seit über 120 Jahren begleitet
ihr Klang die Gottesdienste bis in unsere Zeit.
Doch Biehler, daß muß hier
erwähnt werden, ist jemand, der auch über seinen evangelischen "lieben
Widersacher, Herr Pastor Ehricht" berichtet. Dieser Ausdruck stammt von
ihm und spiegelt die Zuneigung der beiden zueinander wieder: "Wir sind in
Liebe und Frieden geschieden. Das Begräbnis seiner Frau gab Anlaß zu freundlicher
Begegnung, bei welcher er sich sogar anerkennend über Manches in meiner
Wirksamkeit aussprach. Nicht lange darauf und zwar kurz vor meinem Scheiden aus
Reinswalde ging er (Anm.: † Reinswalde 20.10.1880), zwar kirchlich getrennt,
aber innerlich vereint mit mir, selbst heim, ehe der Nachfolger kam, hatte ich
Reinswalde verlassen." So ging eine für die lutherische Gemeinde
Reinswalde glückliche und erfreuliche Zeit zu Ende. Zwei Pastoren tauschten nun
ihre Pfarrstellen und am 16. Januar 1881 wurden Biehler in Guben und Paul
Albrecht Schöne in Reinswalde eingeführt. Pastor Schöne ist ja aufmerksamen
Lesern unseres Heimatblattes ein Begriff und von ihm und seiner Tochter
Dorothee haben wir schon manches aus dem Leben in Reinswalde erfahren. In seine
Zeit fallen die Neubauten des Pfarrhauses und der zweiten lutherischen Schule.
Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Teil 2: Der Weg ins 20.
Jahrhundert von Reinhard Steinke, Jever
32 Jahre sind nun seit den
ereignisreichen Anfängen des Jahres 1849 in der luth. Gemeinde vergangen und
nach eigenen Angaben ist dem scheidenden Pastor Biehler der Abschied von
Reinswalde 1881 nicht leichtgefallen. Als er die Verhältnisse seiner neuen
Gemeinde in Guben bei einer Besichtigung kennenlernte, wollte er seine Zusage
widerrufen. Doch eindringliche Gespräche mit Geheimrat Wilke und mit seinem Reinswalder
Nachfolger Paul Albrecht Schöne bewegten ihn, sein gegebenes Wort einzulösen.
Wie schon berichtet, wurde der 29jährige Schöne am 16.1.1881 in Reinswalde
eingeführt. Er tauschte seine Pfarrstelle mit dem nach Guben wechselnden
Amtsbruder, weil er kein Diakonissen- und Anstaltsgeistlicher werden wollte. So
zog mit ihm der fünfte luth. Pastor nach der Trennung in das Pfarrhaus ein; in
dieses alte Weberhaus, das nun seine junge und noch kleine Familie mit Leben
erfüllte. Damit begann eine weitere segensreiche Epoche, die in den kommenden
fast 38 Jahren lediglich zwei Geistliche in die luth. Gemeinde Reinswalde
führte, während die vergangenen 32 Jahre seit Januar 1849 bereits vier Pastoren
und durch Pastor Bürger ab 1835 auch noch 14 Jahre Union erlebt hatte.
Bereits knapp 6 Monate
später stand die erste "Bewährungsprobe" des neuen Pastors und seiner
Gemeinde bevor. Das Missionsfest in Reinswalde begrüßte am 24. und 25. Juni
1881 zahlreiche bekannte Theologen. Die weiteste Reise hatte wohl Pastor Paulsen
aus Kropp in Schleswig angetreten und bei diesem Anlaß sah Pastor Ebel aus
Herischdorf seine Tochter Lina und deren Familie wieder; sie war seit einigen
Jahren mit Pastor Schöne verheiratet. Vor der Eheschließung mit seiner Tochter
hatte Julius Ebel seinen Schwiegersohn - nicht nur - auf
"Gebirgswanderungen ... in jeder Weise kennengelernt", beide verband
ein herzliches Verhältnis miteinander. Diese festlichen Ereignisse
wiederholten sich in den nächsten Jahren und Reinswalde war Anziehungspunkt für
Besucher aus nah und fern. Über den 1883 erfolgten Neubau der zweiten Schule
sind keine weiteren Einzelheiten bekannt geworden, es wurde aber überliefert,
daß in diesem Jahr ein schweres Hagelwetter großen Schaden anrichtete und die
Gemeinde dadurch zusätzlich belastet wurde: "Aber sie nahm das aus Gottes
Hand hin und ließ sich nicht beirren. Der HERR wollte wohl prüfen, ob der
Glaube auch stark genug sei. Die Gemeinde bestand diese Probe.", so
bewertete später Pastor Pfaff diese Umstände.
Bereits 1888 wurde mit dem
Bau eines neuen Pfarrhauses eine weitere finanzielle Belastung eingegangen;
noch heute dient es dem amtierenden Geistlichen als Pfarrhaus. Schöne arbeitete
und lebte mit seiner Familie in diesem Gebäude nur noch wenige Jahre. Die erst
vor wenigen Wochen erhaltenen Unterlagen über Pastor Schöne aus dem
Familienarchiv Schöne berichten einiges über seine Zeit in Reinswalde, danach
wirkte er sehr gerne in Reinswalde. Mit einigen Männern des Dorfes war er sogar
direkt befreundet und erwähnt hier ausdrücklich den alten Bauer Hübner (Anm.:
gemeint ist der Gemeinde- und Kirchenvorsteher Johann Traugott Hübner). An
diese Freundschaft erinnerte sich Dorothee später: "Ich sah als Kind mit
Staunen, wie er ihn beim Abschied von Reinswalde umarmte und küßte." Viele
Jahre später bezeichnete das Ehepaar Schöne die Reinswalder Jahre als "die
glücklichsten Jahre ihrer Ehe". Erwähnenswert ist noch, daß er ein großer
Gartenfreund war, so versorgte er zwar seine Rosen selbst, doch die Kinder
beauftragte er mit "jäten", um sie auf Pflichten hinzuweisen. Später
hat er "den Gartenmann, Herrn Neumann, den wir sehr liebten, nach Ohlau
kommen lassen, um dort den Garten in Schuß zu bringen." Leider konnte vom
Autoren die Frage nicht geklärt werden, ob dieser "Gärtner Neumann" aus
der Reinswalder Neumann-Familie stammt; da den Nachkommen dieser Familie
derartiges nicht überliefert worden ist.
Doch es wird auch
unerfreuliches berichtet. Ein Mordfall beschäftigte lange Zeit die Gemüter in
Reinswalde; auch heute noch berichten die älteren Reinswalder über dieses
Verbrechen. Es drehte sich wie so oft ums Geld, der eine stiftete den anderen
an, der andere wollte sein Wissen vom ersteren besser bezahlt haben und so nahm
das Drama seinen Lauf: Der Täter wurde später vom Gericht in Sorau zu einer
Haftstrafe verurteilt. Schöne, der sich in seinem Leben immer mit Hingabe der
ihm anvertrauten Menschen widmete, bewies auch hier seine Anhänglichkeit nicht
nur zur Gemeinde, sondern auch zum einzelnen Menschen. Er besuchte die
verurteilte Person im Gefängnis (oder Zuchthaus), so oft er konnte.
Im Jahr 1892 verließ Schöne
Reinswalde und wechselte nach seiner Wahl in die Parochie Ohlau; wo er am 10.
Juli eingeführt wurde. Der Abschied ist ihm ungeheuer schwergefallen; doch die
Schulausbildung der heranwachsenden Kinder hatte für ihn Vorrang. Auch seine
in Reinswalde geborene Tochter Dorothee erinnerte sich gerne an die Zeiten, als
sie ihre Kindheit in Reinswalde erlebte und später als Lehrerin hierher
zurückkehrte. Ihre im Sorauer Heimatblatt von August bis November 1997
abgedruckten Aufzeichnungen gestatteten uns einen Einblick in den Alltag von
Reinswalde. Die beschriebenen Ereignisse aus ihrem und dem Leben ihrer Eltern
und Geschwister verknüpfte sie eindrucksvoll mit Erinnerungen an etliche alteingesessene
Geschlechter in Reinswalde. So waren ihre Gedanken gleichzeitig die
Voraussetzung dafür, daß wir uns die von ihr mit all ihren Stärken und
Schwächen dargestellten Menschen vorstellen konnten.
Doch lange war die luth.
Gemeinde nicht verwaist, da bereits eine Woche später, am 17. Juli 1892, dem 5.
Sonntag nach Trinitatis, mit Pastor Friedrich Wilhelm Pfaff dieses Amt neu
besetzt wurde. Der am 21.5.1844 im hessischen Volkmarsen geborene Mann hatte
bereits einige Stationen seiner Laufbahn u. a. in Schleswig-Holstein und
Wittingen verbracht, bevor er in Reinswalde tätig wurde. Die regelmäßigen
Missionsfeste waren auch bei ihm feste Bestandteile des luth. Reinswalder
Gemeindelebens und führten in den folgenden Jahren immer wieder bekannte
Theologen nach Reinswalde. So z. B. Franz Vogt, der den Lesern ja bereits
bekannt ist. Dieser war inzwischen Pastor in Herischdorf, während Dorothee
Schöne ihn in Reinswalde noch als Studenten und vertretenden Lehrer
kennenlernte. Oder auch Pastor Albert Burgdorf sen., der Vater von Albert
Burgdorf; Albert jun. übernahm nach dem Tod seines Schwiegervaters Pfaff dessen
Amt und wurde Pastor in Reinswalde. Doch abgesehen von diesen alle zwei Jahre
stattfindenden Missionsfesten wurde auch während Pfaffs Amtszeit einiges
bewegt. Zunächst konnte mit dem 50jährigen Bestehen als selbständige
lutherische Gemeinde im Jahre 1899 ein großes Jubiläum gefeiert werden. Außer
Kirchenrat Georg Froböß und dem ehemaligen Reinswalder Pastor Schöne trafen
sich am Sonntag Septuagesimae, dem 29. Jan. und am nächsten Tag wiederum eine
ganze Reihe lutherischer Theologen und gaben diesem Ereignis einen würdigen
Rahmen. An diesem Gedenktag machte aber auch noch eine andere freudige
Mitteilung die Runde. Alle eingegangenen finanziellen Verpflichtungen waren
erfüllt und die Kirchengemeinde somit schuldenfrei. Auf diesen Umstand hatte
bereits 1894 der Gemeinde- und Kirchenvorsteher Johann Traugott Hübner in einer
Gemeindeversammlung hingewiesen. Als er meinte, daß zum anstehenden Fest 1899
die bisherigen Schulden getilgt sein könnten, wenn sich die Gemeinde dieses
fest vornimmt, ahnte er nicht, daß er sich leider daran nicht mehr würde
erfreuen können; er war bereits 1896 verstorben. Stolz erfüllte die Gemeinde
über eine Leistung, die fühlbar und sichtbar war: Gleich zu Beginn der
religiösen Auseinandereinsetzung waren einige zentral im Dorf gelegene
Grundstücke erworben worden, zwei Gotteshäuser hatte die Gemeinde in den
vergangenen fünf Jahrzehnten bauen können, außerdem zwei Schulgebäude mit den
dazugehörigen Lehrerwohnungen und nicht zuvergessen - das große Pfarrhaus hatte
ja bereits auch schon einen kleineren Vorgänger. So entstand nach und nach für
das lutherische Gemeindeleben in Reinswalde ein Zentrum, das bis weit nach
Schlesien hinein sein Einzugsgebiet hatte.
Nur etwas fehlte noch und verursachte bei der
Gemeinde einen gewissen Neid auf die unierte Kirche. Hatte diese doch einen
Kirchturm mit einem Glockengeläut. Dessen Klang ertönte zwar zu gewissen Anlässen
seit einiger Zeit, doch die lutherische Gemeinde "strebte nach
Eigenversorgung". So war für Pastor Pfaff während seiner Amtszeit
zweifellos der 1904 angebaute Kirchturm ein Höhepunkt. Auf die am Freitag, dem
25. September 1903 bei der Grundsteinlegung "vertraute" Stabilität
kann der Baumeister auch heute noch stolz sein. Steht doch der Turm mit seinen
vier Seitenlängen von je 8 Metern solide auf einem 2 Meter tiefen aus großen
Feldsteinen errichteten Fundament. So ist es kein Wunder, daß dem gesamten
Kirchengebäude durch den Turm ein beeindruckendes Aussehen verliehen wird.
Während dieser in seiner aufstrebenden Form wieder auf die Gotik verweist, sind
das Spitzdach über dem Turmeingang und die Rundbögen dem romanischen Stil
zuzuordnen. Der markante Steingürtel unter dem Dach des Kirchenschiffes wurde
um den Turm herum verlängert, so daß die unterschiedlichen Bauzeiten für den
Laien kaum zu erkennen sind. Unter der sichtbaren Verkleidung des Turmdaches
verbergen sich auch heute noch die 18 Meter langen Balken. Diese Hölzer stammen
von Bäumen aus dem Königlichen Forst in Sorau und finden bei Pfaff besondere
Erwähnung, da die Handwerker doch mit erheblichen Schwierigkeiten bei deren
Einbau zu kämpfen hatten: "..., aber mit Gottes gnädiger Hilfe ging alles
ohne Unfall von statten", und beim Richtfest am 8. Juli 1904 bewunderte
ein großer Teil der Gemeinde das fast fertiggestellte Bauwerk. Drei Monate
sollte es noch dauern, bis das Werk dann endlich vollendet war. Am 2. und 3.
Oktober 1904 wurden Turm und Glocken geweiht und gleichzeitig das
Kirchweihjubiläum gefeiert, das bis auf einen Tag genau vor 27 Jahren
stattgefunden hatte. Und wer war u. a. erneut Gast in Reinswalde? Richtig
geraten - Pastor Franz Vogt aus Herischdorf. Er durfte auch nicht fehlen, denn
er hatte noch als Kind die Grundsteinlegung für die Kirche miterlebt.
Ohne Glocken und Uhr waren
für den Bau des Turmes 16.000 Mark aufzubringen. Die Hälfte dieser Summe wurde
durch emsiges Sparen in den vergangenen zehn Jahren zusammengetragen und für
die andere Hälfte "hatte die Gemeinde von der Sparkasse des Markgrafentums
Nieder=Lausitz ein Darlehn von 8000 Mark erhalten". Mit einem (!) Prozent
Zinsen und drei Prozent Tilgung hofften die Bauherren im Jahr 1932 schuldenfrei
zu sein; gegenteiliges ist nicht bekannt geworden, also wurde dieses Ziel
erreicht. Die drei neuen Glocken wurden von den ebenfalls seit 10 Jahren
wirkenden Jugendlichen der Gemeinde gestiftet. Dieser "Turmbauverein"
verstand sich als Nachfolger der viele Jahre zuvor gegründeten
"Orgelbauvereine der Jünglinge und Jungfrauen". So hatten wir ja
beide Gruppen kennengelernt, jetzt wurden sie zusammengefaßt und zu neuem Leben
erweckt. Durch "Ihre Majestät, die Kaiserin und Königin" bekam die
Jugend Unterstützung, denn sie "hatte zur Anschaffung der Glocken eine
Partie hübscher Sachen aus der Kgl. Porzellanmanufaktur 'zur Verlosung'
geschenkt. Diese Verlosung brachte 500 Mark." Das d-moll-Geläut von 57
Zentnern Gewicht stammte aus der Werkstatt des Hofglockengießermeisters Franz
Schilling in Apolda in Thüringen. Es hatte einen so wunderschönen Klang, daß
dem stolzen Meister Schilling gestattet wurde, es zunächst in Breslau bei der
Kunst- und Gewerbeausstellung vorzuführen, bevor es seinen endgültigen Platz
im neuen Turm einnahm. Von den drei Glocken ist leider nur die kleine erhalten
geblieben, die beiden größeren mußten 1917 für Kriegszwecke abgeliefert werden.
Erst 1925 wurden sie durch zwei neue ersetzt, die ebenfalls aus der
Glockengießerei von Franz Schilling stammten. Ihnen blieb zwar etwas mehr Zeit,
ihre Botschaften ins Umland zu senden, doch im 2. Weltkrieg teilten sie das
gleiche Schicksal wie das ihrer beiden Vorgängerinnen. Über die Turmuhr mit
seinen vier Ziffernblättern ist anläßlich von Reparaturarbeiten im Sommer 1992
in der Dezemberausgabe dieses Blattes berichtet worden. 47 Jahre hatte es nach
1945 gedauert, bis das 1904 von der Firma C. F. Roehlitz, einer Großuhrenfabrik
in Berlin gelieferte Werk wieder die Zeit anzeigt. Nun läuft sie wieder acht
Tage lang, schlägt zu jeder viertel und vollen Stunde und muß dann wieder
aufgezogen werden. Für 1152 Mark wurde die Gemeinde mit einem eindrucksvollen
Zeitmesser belohnt.
Bedingt durch das seit
Jahrzehnten bestehende Gemeindeleben folgten nun weitere Feierlichkeiten. Bereits
am 20. Mai 1906 kamen aus Anlaß "25 Jahre Reinswalder Posaunenchor"
Abordnungen aus Breslau und Fürstenwalde zum Gratulieren. Pastor Schöne hatte
seinerzeit die Anregung für dessen Gründung gegeben; leider erlebte er das
Jubiläum nicht mehr, er war am 12. Januar in Ohlau verstorben. Ob im August
1906 beim Posaunen- und Sängerfest in Leipe im Spreewald auch die Chöre aus
Reinswalde teilnahmen, ist leider nicht überliefert, doch Pastor Pfaff vertrat
die Gemeinde, so wird in den Kirchenblättern berichtet. Nach den Missionsfesten
1907 und 1909 feierte Pfaff 1910 sein 40jähriges Amtsjubiläum und wird am 1.
Oktober dieses Jahres zum Superintendent für die Niederschlesische Diözese
ernannt und somit Nachfolger für den verstorbenen Sup. Gottlieb Fengler aus
Cottbus. Zwei Jahre später, am 4. Aug. 1912 verstarb Pastor Pfaffs Frau
Wilhelmine, eine geborene Nissen aus Schleswig.
Im Sommer 1913 erneuerte
Malermeister Bergmann aus Grünberg das Innere der Kirche. Dieser zog später mit
seiner Frau nach Reinswalde und war auch Kirchenvorsteher und Rendant in der
Gemeinde. Der Ausbruch des 1. Weltkrieges brachte im Laufe dieser Jahre auch
viel Leid nach Reinswalde, das Kriegerdenkmal gibt darüber reichlich Auskunft
und erinnert an 36 Reinswalder Gefallene und einen Vermißten, während später
noch fünf weitere Männer an den Folgen dieses Krieges starben. Hier hatte Pfaff
eine schwere Aufgabe zu erfüllen. Er, der in der Gemeinde wie ein Vater sein
Amt verwaltete und von den Reinswaldern zärtlich "Vater Pfaff"
genannt wurde und eigentlich selber der Zusprache bedurfte, tröstete in
liebevoller, ja väterlicher Weise die Hinterbliebenen. Im Sommer 1917 blickte
er auf 25 Jahre Arbeit zurück, in denen er die Gemeinden Reinswalde und Friedersdorf
betreute. Er freute sich auch schon auf die Feierlichkeiten aus Anlaß seines
50jährigen Amtsjubiläums im Jahr 1919. Doch nach kurzer schwerer Krankheit
verstarb Pfaff am 5. Nov. 1918 im 49. Amtsjahr im Alter von fast 75 Jahren und
war damit zugleich der erste luth. Pastor seit 1849, der während seiner
Reinswalder Amtszeit verschied. Unter großer Anteilnahme der Gemeinde und von
Trauergästen aus nah und fern wurde er am 8.(9.) Nov. auf dem Reinswalder
Friedhof beerdigt. Ihm zu Ehren sang die Gemeinde am Sarg sein Lieblingslied
"Mitten wir im Leben sind, von dem Tod umfangen." Die Leichenpredigt
hielt sein Schwiegersohn Pastor Burgdorf und am Grabe sprach Pastor Matschoß
aus Bunzlau.
In dieser schweren Zeit des
Jahreswechsels 1918/1919 war die lutherische Gemeinde ohne seelsorgerischen Anlaufpunkt.
Doch bereits im April 1919 übernahm der aus Sorau kommende Pastor Albert
Burgdorf nach seiner Wahl die verwaiste Pfarrstelle in Reinswalde und wird am
4. Mai, dem Sonntag Misericordias Domini, durch Mitwirkung seines Vaters Pastor
Albert Burgdorf sen. von Superintendent Matschoß in sein neues Amt eingeführt.
Albert Burgdorf jun. bleibt aber seiner ehemaligen Gemeinde Sorau-Sagan noch
verbunden; er betreut sie weiterhin, da sich diese Parochie keinen eigenen
Pastor leisten kann.
Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Teil 3: Von
1919 – 1931 mit Albert Burgdorf von Reinhard Steinke, Jever
Im letzten Teil beendete der
Jahreswechsel um 1918/1919 etwa dreiviertel einer knapp 100jährigen Epoche, die
die lutherische Gemeinde als unabhängige Glaubensgemeinschaft erlebte. Nach dem
plötzlichen Tod von Pastor Pfaff war sie für ein knappes halbes Jahr bis zur
Einführung von Pastor Albert Burgdorf am 4. Mai 1919 ohne örtlichen Seelsorger.
Dieser war den Reinswaldern seit etwa 15 Jahren kein Unbekannter, denn seit dem
17. April 1904 war er als Hilfsprediger in Reinswalde mit Sitz in Sorau tätig.
Wenige Wochen später, am 1. Mai, wurde er ebenfalls als Hilfsprediger nach
Sorau berufen und die neugegündete Parochie Sorau-Sagan erlebte dann am 10.
Sept. 1905 seine Einführung als Pastor. Zusätzlich zur beruflichen Verbindung
nach Reinswalde kam eine familiäre zu den Pfaffs. Mit deren ältesten Tochter
Emilie war er seit dem 3. Januar 1906 verheiratet und nun bezog er mit seiner Frau
und den Kindern das große Pfarrhaus. In den Erinnerungen von Martha Lehmann,
geb. Grätz ist zu lesen: "Die Gemeinde und auch die Chöre bereiteten ihm
einen herzlichen Empfang. Das Gemeindeleben ging seinen altgewohnten Gang
weiter. Nur den Turmbauverein, welchen Pastor Pfaff 1896 gegründet hatte, löste
Pastor Burgdorf in 'Jünglings- und Jungfrauenverein' auf." Nun, das hatten
wir ja in umgekehrter Folge bereits erlebt; der alte Name hatte ausgedient und
der neue entsprach wohl eher der damaligen Anschauung.
Und es sollten tatsächlich
einige Jahre im Alltagstrott dahingehen. In einem zunächst kleineren Rahmen
wurde dann am 2. Febr. 1924 dem 75jährigen Gemeindejubiläum vom 28. Januar
gedacht. Allerdings erfuhr dieses Ereignis die gebührende Würdigung erst im
Sommer mit einer eindrucksvollen (Nach)-Feier. Und die Verlegung auf den 29.
Juni hatte sich gelohnt, denn das ganze Wochenende war schönes Wetter. Etlichen
bekannten und auch neuen Gesichtern wurde ein herzlicher Empfang bereitet.
Einer der "Neulinge" war Pastor Andreas Schöne aus Arpke, na ja, so
ein ganz unbekannter "Neuer" war er nun allerdings auch wieder nicht.
Als kleinen in Reinswalde geborenen Jungen hatte die Gemeinde ihn
kennengelernt. Die umfangreichen Unterlagen über seine Schwester Dorothee und
seinen Vater, dem ehemaligen Reinswalder Pastor Paul Albrecht Schöne verdanken
wir Andreas Sohn Christian. Vor diesem Gedenktag berichtete allerdings Martha
Lehmann von einem Missionsfest am 26. August 1923 - dem Ersten seit 1913. Ob
sie sich irrt? Die offiziellen Aufzeichnungen in den Kirchenblättern der
Generalsynode notieren dieses Fest am 20. Juni 1926 und bezeichnen es ebenfalls
als das Erste nach dem Weltkrieg. Diese Frage bleibt also offen, doch
folgendes ist "amtlich": Wenige Tage zuvor hatte Pastor Burgdorf am
9. Juni 1926 beim Missionsfest in Bleckmar die Festpredigt gehalten.
Der
vorige Absatz mit Begebenheiten vor und nach 1925, deren Inhalt eine Einheit
bildet, vergißt aber das Hauptereignis aus dieser Zeit nicht. Seit langem hatte
die Gemeinde den Wunsch, Ersatz für die beiden Glocken anzuschaffen, die sie im
Weltkrieg abgegeben mußte. Pastor Burgdorf und die Mitglieder des
Kirchenvorstandes baten um Spenden und wie so oft dauerte es auch dieses Mal
nicht lange, bis die erforderliche Summe aufgebracht war. Jeder gab das, was
er konnte und bei Marie Henschke wird besonders die Jugend erwähnt. Endlich
konnten im Mai 1925 die Glocken vom Sorauer Bahnhof abgeholt werden.
"Welche große Freude! Am Eingang des Dorfes wurden sie feierlich
empfangen und mit Girlanden geschmückt. Im festlichen Zuge ging es zur Kirche.
... Am Sonntag Rogate (17. Mai) wurden sie zur Ehre Gottes geweiht. Die
Weihrede hielt Pastor Burgdorf. Zur Freude der Gemeinde erklangen nun wieder
alle drei Glocken und riefen weit über des Dorfes Grenzen hinaus: O Land, Land
höre des Herrn Wort. Nicht nur zur Freude allein erklangen sie, sondern auch
die Heimgegangenen begleiteten sie auf ihrem letzten Wege, und Sonntag für
Sonntag riefen sie die Gemeinde zum Gottesdienst." So klingen die
Aufzeichnungen von Martha Lehmann. Auch bei Marie Henschke liest es sich
ähnlich, aus ihren Notizen soll das Vorstehende ergänzt werden: "Ein
Gedicht wurde vorgetragen, welches die Reinswalder Dichterin Caroline Weinert
verfaßt hatte. Unter den Klängen der Posaunen 'Himmelan geht unsere Bahn'
wurden die Glocken hochgezogen." (Anm.: Das Bild mit dem festlich
geschmückten Wagen und den feierlich gekleideten 'Jungfrauen' ist im Sorauer
Heimatblatt Sept./Okt. 1990 zu bewundern, die Berichtigung zur Bildunterschrift
im Nov. 1990, S. 20).
Diese
Glockenweihe eignet sich besonders, um den beiden in Reinswalde verbliebenen
Glocken einen eigenen Absatz zu widmen. Er soll unseren Nachkommen und den
jetzigen Bewohnern von Reinswalde und deren Nachfahren als Mahnung dienen:
Bewahrt das Erbe der Väter und verzichtet auf sinnlose Zerstörungen. Zunächst
soll der Zeit voraus festgehalten werden, daß die letzte Glocke des luth. Geläuts aus dem Jahr 1904 und eine der
nach dem ersten Weltkrieg 1925 erneuerten Glocken für die luth. Kirche dann
wiederum ein Opfer wurden - dieses Mal für die Zwecke des zweiten Weltkrieges.
Diese so viel gelobte Klangharmonie von 1904 ist also für immer verloren. Die
erhalten gebliebene zweite neue Glocke wurde am 30. April 1925 bei der
Glockengießerei Franz Schilling im thüringischen Apolda mit folgender Inschrift
gegossen:
"Fester Glaube - Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark.
1. Kor. 16,13 -
Gehorsam der Obrigkeit opferte die luth. Gemeinde Reinswalde, die 1904 von
Schilling Apolda gegossen wurde, im Weltkriege ao 1917 dem Vaterland. Sie
ersetzte sie Ostern 1925".
In Artikel und Aufsätzen habe ich in den vergangenen Jahren (auch im letzten
Teil) immer wieder von den "zwei kleinen Glocken aus beiden Kirchen"
berichtet, die in Reinswalde verblieben sind. Doch bei der Glocke aus der
evangelischen Kirche habe ich mich geirrt. Hier handelt es sich zweifellos um
die mittlere mit ihrem Durchmesser von 90 cm. Durch die Minuskelumschrift
"o rex glorie veni
cum pace. ave maria gracia plena dominus tecum"
("O König der Herrlichkeit komm mit Frieden.
Gegrüßet seist Du Maria voller Ehre.
Der Herr sei mit Dir.")
hat sie sich letztendlich verraten. Die Autoren und Historiker des Buches
"Die Kunstdenkmäler des Kreises Sorau ..." datierten 1939 diese
Glocke in das 15. Jahrhundert. Sie ist daher heute als kunsthistorische
Kostbarkeit von unschätzbarem Wert anzusehen. Für die vormals katholische
Kirche gegossen und durch die Reformation von 1530 bis 1945 unterbrochen,
schließt sich für diese Glocke ein Kreis. Ruft sie doch heute die Gläubigen zur
Messe des nun katholischen Gotteshauses im jetzt Zlotnik genannten Reinswalde
und gemeinsam mit der lutherischen Glocke von 1925 ertönt ihre Stimme weiter
aus dem Turm der ehemals lutherischen Kirche.
Im Jahr darauf wurden für
den Posaunenchor etliche Instrumente angeschafft und dieser war nun vollständig
ausgerüstet. Dessen Leiter war später Ernst Winkler, Vater unseres rührigen
Dorfbetreuers Klaus Winkler; wer kennt die beiden Reinswalder nicht. Am 2.
Oktober 1927 feierte die Gemeinde ihr 50jähriges Kirchweihfest. Nach dem
Gottesdienst, in dem Pastor und Superintendent Wichmann aus Freystadt die
Festpredigt hielt, wurde von diesem am Gefallendenkmal zu Ehren von Hindenburgs
Geburtstag eine Gedenkfeier abgehalten. Die Erntefestansprache am Nachmittag
hielt Pastor Walter Schulze aus Sorau, während im Schlußgottesdienst am 3.
Oktober Pastor Reymann aus Liegnitz predigte. Eindrucksvoll hielt er Rückblick
auf die Zeit ab 1849 und verknüpfte in seiner Predigt markante Daten zu einem
festen Netzwerk. So verwies er auch auf das Jahr 1866, in dem die Schuld für
den Kirchennotbau beglichen war. Erinnern wir uns - ein alter Schafstall aus
Wellersdorf diente den lutherischen Reinswaldern als Gotteshaus. Dieser hätte
eigentlich längst abgerissen werden müssen, da er bereits baufällig war und
doch wurde das Gebäude noch weitere zehn Jahre als Ort für die Verkündigung des
Wortes Gottes vor weiterem Verfall bewahrt. Reymann vergißt auch nicht das Jahr
der Kirchweihe 1877, das die Gemeinde mit einer Schuldenlast von 15.000 Mark
abschließt. Auf diese Summe bezieht sich 1894 der Gemeinde- und
Kirchenvorsteher Johann Traugott Hübner in einer Gemeindeversammlung, als er
die Gemeinde aufruft, die restlichen Verbindlichkeiten bis zum Jahr 1899 zu
begleichen, was dann auch gelang.
Der im Herbst 1927 von
Pastor Burgdorf gegründete Frauenverein hatte in kürzester Zeit etwa 60 - 70
Mitglieder. Martha Lehmann berichtet sehr oft über seine Aktivitäten und das
gesellige Beisammensein; doch Berichte aus diesen lesenswerten Zeilen würden
den Rahmen dieser Abhandlung überschreiten. Aber eines ist mir in einem
Nebensatz aufgefallen und soll hier Erwähnung finden: "Zu solch einer
Feier fehlte immer ein Saal, deshalb fanden solche Feiern immer im Saale des
Herrn Blobel statt. Es war ja der Wunsch des Pastors und auch der Gemeinde,
solch einen Gemeindesaal zu bauen, aber es ist bei dem Wunsch geblieben".
Warum dieser Wunsch nicht in Erfüllung ging, ist ja allen hinlänglich bekannt.
In ihren Aufzeichnungen findet auch der 50. Geburtstag am 26. Mai 1928 von
Pastor Burgdorf im Kreise seiner Lieben und seiner Gemeinde Erwähnung.
So manches Mal werfen ja
große Ereignisse im Voraus lange Schatten. Besonders kann die Vorfreude dann
kaum gedämpft werden, wenn es sich auch noch um Kinder- und Schuljugendfeste
handelt, die nach Überlieferung lediglich alle zwei Jahre Ende August oder
Anfang September stattfanden. So war es natürlich auch beim Reinswalder
Nachwuchs. Weil die Schul- und Kirchenvorsteher freiwillige Gaben im Dorf
sammelten, hatten "die lieben Kleinen" doch hautnah die
Vorbereitungen miterlebt und nicht zuletzt deshalb fieberte alles dem Sonntagmittag
entgegen. Mit einem Festumzug durch das Dorf, der von den Kirchenvorstehern und
den Lehrern begleitet wurde, ging es zu einem großen Platz oder einer zur
Verfügung gestellten Wiese. Vom Posaunenchor angeführt schlossen sich stolz
die mit Blumenkränzen geschmückten Mädchen an und die "Knaben", nicht
minder stolz, durften an diesem Tag die Kirchenfahnen tragen, über deren
Verbleib leider nichts überliefert worden ist. Von diesem langen „Marsch“
erschöpft, mußte sich die Jugend des Dorfes natürlich erst einmal bei Kaffee
und Kuchen stärken. "Danach führten die größeren Mädchen ihre Reigen und
Spiele auf, die Jungens zeigten ihr Können im Klettern und sonstige
Kunststücke, was ja auch nicht unbelohnt blieb. Mit den Kleinen spielte die Lehrerin
Frl. Pfaff. Auch sonst wurden nützliche Gaben an die Kinder verteilt."
Natürlich wurde auch für das leibliche Wohl gesorgt, der zum Abschluß
"noch mal schönes Vesperbrot mit Kaffee und Brötchen" bescherte und
wie heute gingen auch damals die schönen Stunden viel zu schnell vorbei. Nach
gemeinsamer Rückkehr zur Kirche "sprach der Pastor ein Abendgebet, nach
dem Vaterunser und dem Liede 'Ich bete an die Macht der Liebe' gingen wir alle
dankbar nach Hause, diese Feste haben wir heute noch in froher
Erinnerung", so liest es sich in den Notizen von Martha Lehmann. (Anm.:
Dieses Fest hatte schon eine längere Tradition im Dorf, denn Dorothee Schöne
berichtet in ihren Erinnerungen auch über ein Kinderfest in Reinswalde:
"Wenn am 2. Sept., am Sedanstag, das große Kinderfest im Dorf gefeiert
wurde, auf der Wiese bei August Hübners Hof, wo eine riesenhafte alte Kastanie
stand". s. Sorauer Heimatblatt Juli 1997 ff.)
Am 17. April 1929 feiert
Pastor Burgdorf sein 25jähriges Ordinationsjubiläum. Obwohl dieser Tag der
Mittwoch nach Misericordias Domini war, fanden sich etliche Pastoren ein. Neben
Superintendent Wichmann aus Freystadt gratulierten sein Vater Albert Burgdorf
sen. sowie Lic. Martin Burgdorff, beide aus Ketschendorf, Pastor Walter Schulze
aus Sorau und Dr. Arnold Jacobskötter aus Guben. Doch die Zeit in Reinswalde
neigte sich für Burgdorf dem Ende zu. Er gestaltete zwar noch das Fest der
400-Jahrfeier als lutherische Gemeinde am 6. Juli 1930, denn "man"
war ja eigentlich seit 1530 lutherisch, doch nicht unionsorientiert. Aber im
Jahr darauf folgte er dem Ruf des Vaters nach Fürstenwalde, um diesem in der
Anstaltsarbeit zu helfen und wird 1933 zum Direktor der Samariter-Anstalten
gewählt. Querelen überwiegend politischer Natur beenden jedoch nach kurzer Zeit
im Frühsommer 1935 diese Tätigkeit. Er wechselte 1936 zur Inneren Mission in
Schleswig-Holstein und übernahm kurze Zeit später die Leitung der
Diakonenanstalt in Rickling/Holstein.
Nun war die lutherische
Gemeinde erneut ohne Seelsorger. Von den Bewerbern wurden die drei Pastoren
Fuhrmann, Hofmann und Liepelt zu einer Probepredigt eingeladen und die
Kirchenältesten entschieden sich für Johannes Hofmann. Der am 12. Juni 1905 im
hessischen Balhorn geborene Mann stammte aus einer hier ansässigen
Bauernfamilie, die sämtliche persönlichen Ansprüche seiner Ausbildung
unterordneten. Diese erlebte er am theologischen Seminar in Breslau und legte
dort am 27. September 1928 sein 1. Examen ab. Seine Ausbildung führte ihn auch
ins Ausland. Ein Eintrag vom 7. Aug. 1927 in dem im Familienbesitz Hofmann
erhaltenen Reisepaß "berichtet" davon, doch leider ist der Ort nicht
zu identifizieren. Als nichtordinierter Hilfsprediger wird er nach Berlin-Süd
gesandt, vermutlich dort am 26. Mai 1929 ordiniert und schließt als
Hilfsprediger mit seinem 2. Examen am 26. September 1929 in Breslau seine Ausbildung
ab. Bereits 1930 erhält er das Wählbarkeitszeugnis und bleibt als
Hilfsprediger mit eigener Gemeinde in Breslau-West. Seiner Einführung in
Reinswalde folgte ein kurzer Abschied, denn für seine Vermählung kehrte er noch
einmal nach Balhorn zurück. Bevor nun über die Ereignisse im Gemeindeleben
weiter berichtet wird, folgt ein Abschnitt aus den Aufzeichnungen von Martha
Lehmann, der das Bild über Pastor Hofmann abrundet und durch eine Anmerkung
ergänzt wird: "Im Sept. kam er nach Reinswalde und ihm wurde ein froher
Empfang bereitet. Am 25. Okt. 1931 wurde er durch Sup. Wichmann aus Freistadt
als Pastor eingeführt. Pastor Burgdorf und Pastor Haertwig aus Cottbus waren
zugegen. Am Nachmittag fand noch eine Nachfeier im Saale des Herrn Blobel
statt. Dort erzählte er von seinen Eltern, seiner Kindheit und Jugend und
schon als Kind hatte er den Wunsch, Pastor zu werden. Am 15. Nov. fand in
seiner Heimat Balhorn seine Vermählung mit der Jungfrau Lieselotte Siebert,
Tochter des dortigen Pastor Siebert statt. Am 17. Nov. hielten sie als junges
Ehepaar ihren Einzug in Reinswalde. Große Freude und herzlicher Empfang wurde
ihnen von der Gemeinde und den Vereinen bereitet. Pastorenfamilie und Gemeinde
erfreuten sich des besten Zusammenlebens. Auch Frohsinn und fröhliches
Beisammensein wurden in den Vereinen geübt. Gott der Herr schenkte der
Pfarrfam. 4 Kinder, welche zur Freude der Eltern und Gemeinde aufwuchsen."
(Anm.: Über Pastor Johannes Hofmann und insbesondere über seine Frau Lieselotte
sind im Sorauer Heimatblatt verschiedene Artikel erschienen, so z. B. der Dank
der Reinswalder im Februar 1985, Seite 9 und der Nachruf nach ihrem Ableben am
18.4.1991 im Juni 1991, Seite 7. Auch "Kirche aktuell" berichtete
1995 über Balhorn, Frau Seefeld, verw. Hofmann, geb. Siebert und die
Ereignisse, die 1945 begannen und darüber, warum vor über 50 Jahren "in
Balhorn und um zu" ein Reinswalder Nest entstanden ist. "Unsere Frau
Pastor" Hofmann hat durch ihre selbstlose Hilfsbereitschaft nach 1945
unauslöschlich in jedem Herzen der Reinswalder ihren festen Platz. Unseren
Nachkommen sei daher empfohlen, gerade dieser Frau ein ehrendes Andenken zu
bewahren.)
Im gleichen Jahr endete auch
die Lehrertätigkeit von Johannes Hoffmann, der in den wohlverdienten Ruhestand
ging. Über 40 Jahre war er an der lutherischen Schule tätig, versah das
Küsteramt in der Kirche und hielt auch Lesegottesdienste. Als Nachfolger war
Gustav Meerländer aus Namslau in den gleichen Ämtern tätig; er trat am 31. Dez.
1931 als Lehrer seinen Dienst in Reinswalde an. So beginnt die letzte Epoche im
lutherischen Reinswalder Gemeindeleben mit "neuem Personal". Über
den Zeitabschnitt mit Pastor Johannes Hofmann wird in der nächsten Ausgabe
berichtet. Den Abschluß an dieses 150jährige Gedenken bilden die lutherischen
Lehrer, die doch maßgeblichen Anteil an der Erziehung der Reinswalder Jugend
hatten.
Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Teil 4: Pastor
Johannes Hofmann und Kirchenrat Martin Kiunke – Die Jahre von 1931 – 1945 von Reinhard Steinke, Jever
Mit der
Amtseinführung von Pastor Johannes Hofmann im Oktober 1931 endete der letzte
Teil. Nach einer kurzen Einarbeitungszeit war bereits im Februar 1932 das erste
große Fest zu bestehen. Der Frauenverein hatte die Sorauer Damen zu einer
fröhlichen Nachmittagsfeier eingeladen, die im Saal der Gastwirtschaft Blobel
stattfand. Es muß ein erinnerungswertes Treffen gewesen sein, denn es wird
ausdrücklich vermerkt, daß auch ihre
Männer daran teilnahmen. Bestens vorbereitet bewiesen die Reinswalderinnen ihr
Organisationstalent. Eine festlich geschmückte Tafel mit Kaffee und Kuchen,
dazu Vorträge und Vorführungen durch die Jugend- und die beiden Frauenvereine
rundeten einen gelungenen Nachmittag ab. Zum Posaunenfest im Sommer desselben
Jahres waren etliche Chöre aus anderen luth. Gemeinden gekommen. Dann wurde
1933 beschlossen, endlich die langersehnte Kirchenbeheizung in Angriff zu
nehmen. Für die drei vorgesehenen Koksöfen mußte einiges geändert und erneuert
werden. Doch alles klappte wunderbar und die Gemeinde fühlte sich in den
kommenden Jahren sehr wohl in der geheizten Kirche.
Fünf Kirchenchöre gaben am
Sonntag Kantate 1935 der Jubiläumsfeier zum 50jährigen Bestehen des Reinswalder
Chores den entsprechenden Rahmen, und wer Posaunen- oder Kirchenchorfeste
einmal erlebte, wird den Zauber dieser Treffen in guter Erinnerung behalten.
Die Pastoren Hofmann und Dr. Jakobskötter übernahmen die seelsorgerischen
Aufgaben für diesen Tag. Bereits 1936 wurde mit einer Jugendfreizeit dem 40jährigen
Bestehen des Reinswalder Jugendvereins gedacht, und mit Spiel, Sport und Gesang
erfreuten die versammelten Jugendlichen die reichlich erschienenen Besucher.
Noch im gleichen Jahr erlebte die Gemeinde beim Missionsfest am 23. August den
Besuch von Missionar Müller, der zusammen mit Pastor Paul Kuhlmann und dem
Hilfsprediger Stache in Reinswalde weilte. Zum 60jährigen Kirchweihfest am
26./27. September 1937 gaben Oberkirchenrat Dr. Nagel und die Pastoren Tänzer,
Rothenburg, Liepelt, Sorau und Superintendent Wichmann aus Frystadt der
Gemeinde durch ihre Anwesenheit die Ehre. Fester Bestandteil lutherischer
Gemeindearbeit war erneut eine Jugendfreizeit, die von Neujahr bis Epiphanias
1938 stattfand. Viele Jugendliche aus den benachbarten ev.-luth. Gemeinden waren
dazu gekommen.
Auch der Frauenverein
erfreute sich etliche Jahre hintereinander schöner Erlebnisse. Ein erster
Ausflug führte 1937 nach Guben und fand mit dem Besuch des Naemi-Wilke-Stiftes
seinen Höhepunkt. Die Vorbereitungen für den Ausflug 1938 nach Grünberg lagen
in den Händen von Malermeister Bergmann, der ja bekannterweise aus Grünberg
stammte und alles bestens organisierte. Den Nachmittag verlebten die
Reinswalderinnen mit dem Grünberger Frauenverein im "Luisental" bei
Kaffe und Kuchen. Die dritte Tagesreise erlebte die luth. Reinswalder Damenwelt
in Görlitz am 15. Mai 1939. Wie die beiden Jahre zuvor, so wurde auch dieser
Ausflug mit einer Morgenandacht begonnen. Auf dem Weg nach Görlitz regnete es
und je trüber es draußen wurde, desto fröhlicher erklangen die Lieder im
Omnibus. Nach Überlieferungen war Pastor Hofmann "froh, daß wir alle
glücklich über die verkehrsreiche Straße hinübergekommen waren", deren
Überquerung sich nach der Besichtigung der Görlitzer luth. Kirche unter fachkundiger
Führung von Pastor Priegel anschloß. Wohlgemerkt, das war 1939 (!), nicht in
der heutigen Zeit.
Im gleichen Jahr hielt
Pastor Günter aus Weigersdorf die Festpredigt zum 90jährige Gemeindejubiläum,
das vom Posaunen- und Kirchenchor mit gestaltet wurde. "Reinswalde ist
eine feiernde und singende Gemeinde", so hieß es immer Land auf, Land ab.
Auch im Sommer 1940 und 1941 unterstrichen die Jugendvereine dieses und
feierten zünftige Treffen im Pfarrgarten, an denen auch die Gemeinde teilnahm,
die sich an den Liedern erfreute und die aufgeführten Stücken aus der
Missionsarbeit und der Verfolgungszeit interessiert verfolgte. "Im Juli
1940 ging ein schweres Gewitter über unser Dorf nieder, ein Blitzschlag traf
unser Gotteshaus. Durch das schnelle Handeln unsers Pastors und Eingreifen der
Feuerwehr wurde dem Feuer Einhalt geboten und Gott der Herr bewahrte die Kirche
und die Gemeinde vor einem großen Unglück." So heißt es in den
niedergeschriebenen Erinnerungen von Martha Lehmann.
Aber auch schweres Leid
wurde der Gemeinde zur Prüfung auferlegt, doch über die kriegsbedingten
Schicksalsschläge der einzelnen Familien seit 1939 soll hier nicht berichtet
werden. Einfühlsame Worte benötigte Pastor Hofmann in den kommenden Jahren, um
die vielen Trauernden zu trösten, die im 2. Weltkrieg liebe Angehörige
verloren. Denn auch von Reinswalde wurden immer mehr Männer zu den Waffen
gerufen. So kam es, daß auch "für ihn die bittre Stunde schlug, und er im
März 1943 zur Wehrmacht einberufen wurde. Ehe er fortging, hielt er noch die Konfirmation.
Zu dieser Feier hatte er den Text gewählt, wie Jesus einst zu seinen Jüngern
sprach: Wollt ihr auch weggehen? Petrus
sprach: Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Und wir
haben geglaubt und erkannt, daß du bist Christus, der Sohn des lebendigen
Gottes. Hofmann sagte: 'Dreierlei bewegt mich dazu, diesen Text gewählt zu
haben. Zwölf Jünger standen vor dem Herrn. Auch Ihr seid zwölf Konfirmanden,
die Ihr vor mir steht, um Eurem Herrn und Heiland die Treue zu geloben, haltet
sie ihm. Haltet auch euer Gelübde, treu zu bleiben unser lieben luth. Kirche.
Auch seid ihr der zwölfte Jahrgang, welche ich an dieser Stätte konfirmiert
habe. Wie nun der Heiland Abschied genommen hat, so nehme ich nun Abschied von
meiner lieben Familie, von Euch ihr lieben Konfirmanden, und von Euch, ihr
lieben beiden Gemeinden. Zwölf Jahre durfte ich Euch dienen mit Gottes Wort und
Sakrament. Habe Euch alle in mein Herz geschlossen und meine Liebe geschenkt.
Bleibt Euren Kindern ein Vorbild, daß ich einst mit Freuden bekennen kann: Ich
habe derer keines verloren, die Du mir gegeben hast.' Tiefe Trauer bewegte
unser aller Herzen, als unser lieber Pastor von uns ging. ... Nur einmal war es
unserm lieben Pastor vergönnt, in Urlaub zu kommen, ehe er an die Front kam.
... Zu aller unsrer Freude hielt er Weihnachten, Silvester 43 und Neujahr 44
Predigtgottesdienst und heiliges Abendmahl. Sein Neujahrstext lautete: 'So der
Herr will und wir leben'. So weilte er noch mal unter uns auch im
Frauenkreis." Doch hier irrt unsere fleißige Zeitzeugin. Pastor Hofmann
muß in der Zeit um den 25. Juli 1943 bereits schon einmal in Reinswalde gewesen
sein. An diesem Tage wurde ich von ihm in der alt-luth. Kirche zu Reinswalde
getauft, so haben alle Zeitzeugen übereinstimmend berichtet. Doch am 22.
Februar 1944 kam für ihn der Marschbefehl auf die Krim. Ende Mai wurde die
Familie und die Gemeinde von der traurigen Nachricht erschüttert, daß Hofmann
schwer verwundet wurde. Doch alle Hoffnung war vergeblich und erst am 1. Ostertag
1949 erhielt die Familie die Mitteilung, daß der Ehemann und Vater am 9. Mai
1944 schwer verwundet verstorben ist.
Am 21. Mai 1944 versammelte
sich die Gemeinde im Rahmen einer Gedenkstunde zum 100. Geburtstag am Grabe
ihres ehemaligen Pastors Pfaff. Viele Blumen schmückten sein Grab und der
älteste Kirchenvorsteher August Hübner hielt eine Andacht. Aber lange sollte
die Gemeinde sich nicht mehr an den liebgewordenen Bräuchen erfreuen können.
Und es folgte das, worüber schon mehrfach berichtet wurde. Der Lesegottesdienst
am Sonntag, den 11. Februar 1945 sollte anders enden als gewohnt. Mitten im
Predigttext kam die Nachricht, daß die sowjetischen Truppen am Bober stehen.
Ein Gebet beschloß diese Andacht und alles drängte nach Hause. Hier sei noch
einmal an Hofmanns Frau Lieselotte, geb. Siebert erinnert, die maßgeblichen
Anteil daran hatte, daß der größte Teil der Reinswalder Bevölkerung in Balhorn
ein neues Zuhause fand. So wie dieser Gottesdienst ziemlich plötzlich beendet
wurde, war in diesem Augenblick auch das Schicksal der lutherischen Gemeinde
besiegelt.
Tja, nun könnte natürlich
diese geschichtliche Geschichte abgeschlossen werden. Aber etwas gehört hier
doch noch her. Auch wenn Pastor und Kirchenrat Martin Kiunke nicht zum
"offiziellen luth. Reinswalder Personal" gehörte, war gerade er durch
seine vielfältigen Vertretungen eng mit Reinswalde verbunden. Wie dieser Mann
den Reinswaldern in schwerer Zeit einen Halt gab, an denen sie sich aufrichten
konnten, ist im Dorfarchiv über die Reinswalder Familien zum Ausdruck gekommen.
Auch ihm gilt der Dank der Reinswalder und ungekürzt ist aus dieser
Familienchronik das Kapitel über ihn entnommen:
"Die Aufnahme in die Chronik Reinswalder Familien erscheint sinnvoll, da
diese wohl einen nachhaltigen Eindruck bei den Bewohnern des Dorfes
hinterlassen hat, denn immer wieder wird sie von vielen Reinswaldern in
Gesprächen und schriftlichen Erinnerungen erwähnt; Mitte Juni 1945: '...
Kirchenrat Kiunke kommt nach Reinswalde und will bei uns bleiben. Wie war die
Freude groß, wieder einen luth. Pastor in unsrer Mitte zu haben. Alles wurde
zum Empfang vorbereitet. Am 22. Juni traf er mit seiner Familie in Reinswalde
ein. Am 24. sollte Predigtgottesdienst mit Feier des hl. Abendmahls
stattfinden. Wie freuten und sehnten wir Lutherischen uns danach und alles
bereitete sich vor. Die Freude war zu groß und sie sollte uns wieder genommen
werden, als am 23. Juni früh der Befehl der P. M. (Anm.: wohl Polnische Miliz) kam, alles raus aus dem Dorf, nicht
wissend wohin. ...'; Quelle: Martha Lehmann, geb. Grätz - Reinswalder
Erinnerungen von 1900 - 1945;
diese Aufzeichnungen von Martha Lehmann decken sich mit Aussagen von Sohn
Hartmut Kiunke, die mir in einem interessanten Telefongespräch am 5.2.1998
mitgeteilt wurden. Er erzählte von seinem abenteuerlichen und beschwerlichen
Marsch mit Eltern und den Geschwistern (Anm.: Vater und Mutter Elisabeth, geb.
Ziemer mit Karl-Heinz, Eva-Maria und Monica) von Liegnitz über das Sudetenland
wieder zurück nach Liegnitz. Nach Rückkehr von einer Erkundungsreise des Vaters
von dort aus nach Reinswalde machte sich die Familie ohne Bruder Gotthold
umgehend mit drei Handwagen - die noch gar nicht abgeladen waren - erneut auf
den Weg und traf nach etwa einer Woche bei strömendem Regen und völliger Dunkelheit
in Reinswalde ein. An das Datum 22. Juni erinnert er sich deswegen so genau,
weil dieser Tag gleichzeitig der Geburtstag seiner jüngsten Schwester Monica
war. Noch heute beeindruckt ihn besonders die Tatsache, daß seine Familie in
Reinswalde mit einer Herzlichkeit aufgenommen wurde, die zu dieser Zeit
wirklich seinesgleichen suchte. Wie ein Lauffeuer muß sich die Ankunft der
sechsköpfigen Familie dann auch herumgesprochen haben, da sich sehr viele
Menschen um die Ankömmlinge versammelten. Befreit von der nassen und
verdreckten Kleidung wurden die Kinder nach einem kräftigenden Imbiß zum
Schlafen unter mächtige Federbetten gesteckt. Von unverständlichem Lärm,
Schreien und Türenschlagen am nächsten Morgen geweckt, erlebte er wie viele
andere die endgültige Ausweisung aus Reinswalde. Ob dieses Nachtlager für die
Familie im lutherischen Pfarrhaus aufgeschlagen wurde oder an einer anderen
Stelle, ist unbeantwortet geblieben, im nachhinein aber auch unerheblich."
So gehörte die Familie Kiunke zumindest für ca. 12 Stunden zur Reinswalde
Bevölkerung.
Doch wie angekündigt werden
in der nächsten Ausgabe die Erinnerungen an die lutherischen Lehrer 150 Jahre
lutherisches Gemeindeleben vervollständigen.
Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Teil 5: Die lutherischen
Lehrer 1848/1849 bis 1945
von Reinhard Steinke, Jever
Denen, die sich in
Reinswalde während ihrer Zeit mit dem Nachwuchs der Kirchengemeinde
"abplagen" mußten, wird ganz bewußt mit Teil 5 ein eigener Abschnitt
gewidmet. Als sich im Jahr 1849 das Dorf in zwei Religionsgemeinschaften
teilte, ging auch das Gebäude der nun evangelischen Schule in den Besitz der
Evangelischen Union über. Es war also notwendig, für die große Zahl der
lutherischen Kinder geeignete Räumlichkeiten zu schaffen, da die Unterrichtung
der Schüler durch den "unierten Lehrer" in den Augen der neuen
lutherischen Gemeinde unvorstellbar war. Erst die staatliche Übernahme des
Schulsystems 1910 machte dieser Trennung ein Ende. Ab dieser Zeit bestimmten
zwar die weltlichen Behörden über Lehrpläne und hatten in bildungspolitischen
Fragen die Aufsicht, doch nach "innen" blieb alles beim alten. Es
wurden weiterhin nur Lehrer aus dem lutherischen Gemeinwesen beschäftigt und
die "lutherischen" Kinder besuchten die lutherische, während die
"unierten" weiter in die evangelische Schule gingen.
Mit dem Neubau des zweiten
lutherischen Schulgebäudes endete der erste Teil aus dem Leben der Gemeinde.
Dieses Ereignis war eigentlich ein passender Übergang zu den Lehrern der lutherischen
Schulen, die in früheren Darstellungen immer nur am Rande erwähnt wurden.
Gerade sie und ihre Kollegen von der evangelischen Schule haben entscheidend
das Leben der Dorfbewohner bis in die heutige Zeit beeinflußt und ihnen gebührt
damit ein besonderer Abschnitt in dieser Darstellung. Doch der geschichtliche
Ablauf sollte zunächst Vorrang haben; so erscheinen sie im Leben der
lutherischen Gemeinde erst an dieser Stelle und wir kehren im Buch der
Ereignisse noch einmal in das Jahr des Neubeginns 1849 zurück. Wenn auch der
Leser mit den Personen zunächst nichts anzufangen weiß, weil sie ihm fremd
sind, so werden doch die ab 1900 genannten dem einen oder anderen auch heute
noch etwas bedeuten. Zunächst war sehr wenig über sie bekannt, doch im Laufe der
letzten Jahre hat sich einiges Material angesammelt.
In den uns bekannten
Unterlagen aus dem lutherischen Gemeindeleben des 19. Jahrhunderts wird
Friedrich August Hesse nur am Rande genannt. Die Chronisten vergangener Zeiten
erachteten es wohl als nicht bedeutend, obwohl auch er eine ganz bedeutende
Rolle in Reinswalde spielte. Immerhin war er 42 Jahre für die Erziehung der
Kinder mitverantwortlich, denn von 1810 - 1852 versah er das Amt des Küsters
und Schullehrers in Reinswalde und bereits 1820 wird ihm der Titel
"Kantor" verliehen. Doch sein wankelmütiger Glaube – so wurde es
damals gesehen – veranlaßte ihn nach "kurzem Gastspiel als (neuer Alt-)
Lutheraner", in die Arme der unionsorientierten Kirche von Preußen
zurückzukehren. Nach seinem Tod 1852 wird die vakante Stelle für den Bereich
der unierten Schule ausgeschrieben. Friedrich August Hesse wird einige Male
beim Glaubenskampf der Jahre 1848 - 1850 erwähnt und findet während dieser Zeit
in seinem Sohn Oswald Hesse einen Assistenten als Hilfslehrer. Dieser am
11.8.1820 in Reinswalde geborene Sohn folgte 1857 einem Ruf nach Blumenau /
Brasilien, um die dort neugeschaffene Pfarrstelle der evangelischen Gemeinde zu
übernehmen. Nach dem Besuch des Sorauer Gymnasiums und dem Studium der
Theologie wird Oswald 1850 Pfarrer in Wreschen/Posen. Während seiner dort
eingegangenen Ehe mit Wanda Pupke wird ein Kind geboren und sein Tod am
25.11.1879 in Blumenau beschließt ein ereignisreiches Leben, www.blumenau150anos.org.br/pages/pers/pers21.html.
So gebührt R. A. Pleetschke
(oder Pletsche) die Ehre, der erste genannte lutherische Lehrer in einer langen
Reihe zu sein. Er wurde 1852 berufen und wird noch 1856 und 1860 in Reinswalde genannt.
Sein Kollege Lehrer Linke, leider ohne Vornamen, war seit 1856 als 2. Lehrer
tätig. Beide unterrichteten nach den gedruckten Beschlüssen der Generalsynoden
(GS) 1856 "103 Knaben und 109 Mädchen". Linke blieb wohl nicht lange,
denn 1860 unterrichtete mit M. F. Kalf bereits ein anderer als 2. Lehrer. Der
"im Schlesierlande" geborene Karl Gottlieb Bieneck bekam in
Reinswalde seine erste Anstellung, wurde 1864 und 1868 als 1. Lehrer genannt
und blieb bis zum 31.1.1873. Dann wechselte er an die luth. Schule Berlin und
unterrichtete dort bis zu seinem Tod 1887, nach dem er 1879 das Examen für
Mittelschullehrer abgelegt hatte
Zeitlich zwischen Bieneck
und dem 1868 als Hilfslehrer erwähnten Paul Kahle erscheint noch ein Lehrer
namens Natusch. Von den letzteren beiden ist nichts weiter bekannt geworden,
während der nachfolgende Karl Jungermann und seine Familie nachhaltige
Eindrücke in Reinswalde hinterlassen haben. So ist in Dorothee Schönes
Erinnerungen zu lesen: "... kam Kantor Jungermann mit einer ganz jungen
Frau und einer älteren Schwester, Tante Linchen Jungermann, die den Mädchen
Nähen und Stricken beibrachte, während die Jungen turnten. Der alte Jungermann
war etwas nörgelig, pedantisch und kränklich und ließ sich oft vertreten durch
seinen Neffen Franz Vogt, der wohl als Primaner, später Student viel bei den
Verwandten war. Er (Anm.: wohl Jungermann) war nicht beliebt, denn trotz seiner
kleinen Gestalt war er sehr energisch, ungeduldig und prügelbereit."
Mehrfach wird Jungermann zwischen 1873 und 1898 in den GS als 1. Lehrer genannt
und auch als Gründer des lutherischen Kirchenchores bleibt er unvergessen. Sein
Sohn Wilhelm Jungermann, am 19.8.1891 in Reinswalde geboren, wird später in
mehreren Gemeinden als luth. Pastor eingesetzt. Desgleichen bleibt auch Karl
Jungermanns bereits erwähnter Neffe Franz Vogt in der luth. Kirche kein
Unbekannter. Dieser am 27.4.1869 geborene ältere Cousin von Pastor Wilhelm
Jungermann wurde als Pastor der lutherischen Kirche am 27.4.1894 ordiniert, war
als solcher bei Missionsfesten mehrfach Gast in Reinswalde, schied aber 1910
aus der luth. Gemeinschaft aus und übernahm eine Anstaltspfarrstelle in der
preußischen ev. Landeskirche.
'
Zur Seite standen Jungermann 1882 Carl Waldhelm und
1886 Eduard Waldhelm als 2. Lehrer, wobei die Frage, ob Carl und Eduard
identisch sind oder Brüder waren, zunächst nicht geklärt werden konnte. Pfaff
notierte in seinen Erinnerungen lediglich "Waldhelm", während die
"GS" von Carl bzw. Eduard Waldhelm berichten. Dorothee Schöne nennt
ihn auch nur "Waldhelm" und zwar vor Jungermann, doch bei Jungermann
irrte ihr sonst so gutes Reinswalder Gedächtnis. (Nachtrag: Inzwischen konnte
diese Frage auch geklärt werden. Urenkel Wolfgang Waldhelm teilt am
28/29.08.2001 mit, daß "Carl und Eduard" eine Person sind, ein
Dankeschön an ihn über die Lebensdaten und die Fotos aus seiner Familie). Die
abgebildeten Fotos zeigen von links: Carl Eduard Waldhelm, seine Ehefrau
Auguste Pauline Becker und den in
Reinswalde am 13.11.1886 geborenen Sohn Max Eduard Kurt Paul Waldhelm.
Über Linchen Jungermann, die
ihrem jüngeren Bruder half, war einige Zeilen zuvor schon berichtet worden.
Lehrer Jungermann blieb bis 1900 im Dienst und wird von Johannes Hoffmann im
Amt abgelöst. Interessant erscheint mir, daß die hohe Schülerzahl der in der
luth. Gemeinde zu unterrichtenden Kinder aus den Jahren 1882 mit 236, 1886 mit
240 und 1890 mit 236 Jungen und Mädchen in der Vergangenheit nie und in den
Folgejahren bis 1945 nicht wieder erreicht worden ist. Nachdenklich stimmt dann
auch die letzte offiziell bekannte Zählung von 1926, die mit 50 Jungen und 49
Mädchen (erstmals?) die Schülerzahl von 100 unterschritt. Fünf Jahre zuvor
waren es noch 122 Kinder gewesen, lediglich die Hälfte im Zeitraum einer
Generation. Was war geschehen? Ich glaube, für die im ersten Weltkrieg
gefallenen jungen Männer wurde nun der Blutzoll fällig, ein zu hoher Preis; und
auch die Landflucht, bedingt durch die wirtschaftliche Situation, trug nicht
gerade zur Verbesserung der Bevölkerungszahl in Reinswalde bei.
Hoffmann arbeitete bereits seit 1890 als 2. Lehrer
und wird wie erwähnt 1900 als 1. Lehrer Nachfolger von Jungermann an der luth.
Schule in Reinswalde. Von diesem übernahm er auch das Amt des Kantors. Wie sein
Vorgänger versah er ebenfalls das Küsteramt in der Kirche und hielt auch
Lesegottesdienste. Nach über 40 Jahren quittierte er 1931 den Schuldienst,
legte auch als Kantor sein Amt nieder und trat in den Ruhestand. Hoffmann
stammte aus Friedersdorf, er war verheiratet und hatte neun Kinder. Bis zu seinem
Tode im Dezember 1944 wohnte er mit seiner Frau Klara in der Dorfstraße 58. Er,
seine Frau und drei seiner Kinder sind auf dem Reinswalder Friedhof begraben
worden. Im ersten Weltkriege fiel 1916 sein ältester Sohn Gerhard (Inschrift
auf der Ostseite des Kriegerdenkmals), der auch Lehrer studiert hatte. 1948
starb dann auch noch sein jüngster Sohn, so waren von seinen 9 Kindern noch 4
am Leben. Zwei seiner Geschwister wohnten mit ihren Familien ebenfalls in
Reinswalde: Schwester Berta mit Ehemann August Griffel und Bruder August
Hoffmann mit seiner Frau Hedwig.
Lehrer Johannes Hoffmann wurden nach seiner
Beförderung zum 1. Lehrer nacheinander mehrere junge Menschen als 2. Lehrer an
die Seite gestellt. Zunächst ist Julius Schulz seit 1901 in Reinswalde tätig.
Dieser wird 1902 und auch noch 1906 als 2. Lehrer genannt, und wird ebenfalls
im August 1904 in der Festschrift von Pastor Pfaff anläßlich des Turmbaus
aufgeführt. Über das genaue Datum seines Abschiedes wissen wir nichts, es heißt
lediglich: "Im Jahre 1907 legte der zweite Lehrer unserer Schule, der
Lehrer Julius Schulz aus gesundheitlichen Gründen sein Amt nieder und zog nach
Lübben." Ihm folgte am 1. April 1907 Dorothee Schöne, da muß die
Lehrerwohnung schon frei gewesen sein. Geboren am 7.2.1885 in Reinswalde war
sie ein echtes Reinswalder Mädchen. Sie blieb aber nur kurz, weil sie nach dem
Tode ihres Vaters, dem ehemaligen luth. Pastor in Reinswalde Paul Albrecht
Schöne, der Mutter beistehen wollte. Dorothee berichtet in ihren Reinswalder
Erinnerungen über diese Zeit bis zum 31. Dezember 1908: "Von 1907 bis Ende
1908 war ich dann als 2. Lehrerin in Reinswalde angestellt, wo ich viel
Anhänglichkeit und Zutrauen erfahren habe von Vaters früheren Gemeindekindern.
Ich wohnte dort ganz allein im kleinen Schulhaus und habe das sehr genossen,
hatte auch zeitweise wochenlang Besuch von Hanna, Tante Luise, einmal auch von
Martin und Johannes. Mutter war nun allein mit den jüngsten Brüdern, die noch
zur Schule gingen - und mit mindestens 4 Pensionären, die sie noch haben mußte,
um mit der kleinen Witwenpension die 3 Jüngsten fertig zu kriegen. Ich gab also
Reinswalde auf und war vom 1. Januar 1909 an wieder Haustochter." Dorothee
Schöne starb nach einem erfüllten Leben am 25.2.1972 in Großenritte. Sie hatte
vor einigen Jahren mit ihren Reinswalder Kindheitserinnerungen einen
nachhaltigen Eindruck bei den Reinswaldern hinterlassen.
An Mathilde Pfaff erinnern sich auch heute noch viele
Reinswalder. Die jüngste Tochter des Reinswalder Pastors Friedrich Wilhelm
Pfaff tritt ihr Amt am 1.1.1909 als zweite Lehrkraft an. Sie erlebte die
Auflösung des eigenständigen lutherischen Schulsystems zusammen mit Lehrer
Hoffmann, das 1910 in staatliche Regie überging. Mehrfach wird sie in den GS
erwähnt, so 1910 als zweite Lehrerin und 1921 und 1926 als Lehrerin an der
luth. Schule in Reinswalde. Sie war ledig, feierte im April 1934 ihr 25jähriges
Jubiläum und blieb bis zum bitteren Ende im Jahr 1945. Über ihren Verbleib nach
dem Krieg ist nur bekannt, daß sie mit ihrer Haushaltshilfe, diese stammte aus
Gorpe, 1945 vermtl. zu Ihrem Schwager Albert Burgdorf nach Rickling geflüchtet
ist; weitere Nachforschungen waren dort bislang vergeblich. Nach der
Verstorbenenliste von Martha Lehmann ist sie 1962 verstorben. Ihre ältere Schwester
Emilie war mit Pastor Albert Burgdorf verheiratet, der ab 1919 als Nachfolger
seines Schwiegervaters luth. Pastor in Reinswalde wurde.
Nun fehlt in der "Sammlung" der
lutherischen Lehrer von und in Reinswalde nur noch Gustav Meerlender, der ab 31.12.1931
neben Mathilde Pfaff in Reinswalde tätig war. Der aus dem Kreis Namslau
stammende Sohn des Revierförsters ..... Meerlender wurde am 10.11.1886 in
Dammer geboren und lebte nach dem 2. Weltkrieg in Braunschweig, wo er am 11.
oder 12.12.1973 starb. Seine Ehefrau, eine geborene Winkler aus Carlsruhe,
Kreis Oppeln /Oberschlesien, war schon am 21.12.1952 in Braunschweig
verstorben. Sohn und Enkeltochter leben heute in Braunschweig.
Ein Foto vom 5.4.1936 zeigt
Lehrer Meerlender mit Pastor Hofmann und den Konfirmanden im Sorauer
Heimatblatt April 1986. Auch Martha Lehmann, geb. Grätz erinnerte sich:
"Sein Nachfolger war der Lehrer Gustav Meerländer aus Namslau. Im Dezember
1931 hielt er seinen Einzug in Reinswalde. Die Kinder begrüßten ihn mit einem
Liede, welches von einer lieben Reinswalderin gedichtet war. Auch die Gemeinde
bereitete ihm einen frohen Empfang. Die Schulkinder waren ihm auch sehr
zugetan. In der Kirche übernahm er dieselben Ämter wie Kantor Johannes
Hoffmann. Nach '45 (1945) hat er seine Heimat in Braunschweig gefunden.";
diese Angaben wurden 1997 von seinem Sohn Dr. Gustav Meerlender bestätigt:
"Er trat am Sylvestertag 1931 nach der Pensionierung von Lehrer Johannes
Hoffmann seinen Dienst in Reinswalde an."
Bleibt als abschließende
Betrachtung festzuhalten: Welche Kraft muß der Glaube unseren Müttern und
Vätern gegeben haben, um die auf sie zu kommenden materiellen und finanziellen
Lasten zu tragen. Bereits im Jahr 1850 wurde durch den Kauf zentral gelegener
Grundstücke eine wesentliche Voraussetzung für die zukünftige Gemeindearbeit
geschaffen. Diese wurde mit Baumaßnahmen und Neuanschaffungen in etwa
25jährigen Abständen ergänzt oder erneuert. Doch zu einem Zeitpunkt, als das
alt-lutherische Zentrum in Reinswalde in seiner Blüte stand und als gewichtiger
lutherischer Pfeiler in der Region galt, wird dieser Tatsache ein jähes Ende
gesetzt. Nach der Aufgabe des Dorfes, die nun wieder alle
Glaubensgemeinschaften betraf, fand die eine Hälfte der Bevölkerung in Balhorn
bei Kassel eine neue Bleibe. Ein großer Teil blieb in der näheren und weiteren
Umgebung der Niederlausitz, während sich der kleinere Teil über ganz
Deutschland verstreute. Selbst jährliche Treffen in den vergangenen Jahrzehnten
ersetzten nicht die in Jahrhunderten gewachsenen Sozialstrukturen. Die
Reinswalder trafen sich, freuten sich miteinander beim Wiedersehen und hielten
den Kontakt zueinander aufrecht – bis heute. Aber es war nicht mehr dieses
unbeschwerte und durch tiefe Frömmigkeit geprägte Reinswalder Dasein, das die
Bewohner des Dorfes in der einst miteinander erlebten Gemeinschaft formte.
Das Foto zeigt die Kirche, im Vordergrund die zweite Schule
für die kleinen Kinder und dahinter das erstgebaute Schulgebäude. Dieses wurde
später dann von den größeren Schülern genutzt. Über dem Dach sieht man gerade
noch den Giebel und den Dachfirst mit den Schornsteinen des Pfarrhauses.
"150 Jahre lutherische
Gemeinde in Reinswalde" – (von 1849 – 1999) so lautet die Überschrift für
die Beiträge der vergangenen Monaten, obwohl diese lediglich 96 ½ Jahren
eigenständig war. Zu Beginn war die Rede von der großen Weltgeschichte, die
eigentlich immer an Reinswalde vorbeigegangen ist. So ganz stimmt das aber
nicht, hat doch auch Reinswalde seinen Anteil dazu beigetragen. Denn
eindrucksvoll und solide rufen auch heute noch die luth. Kirche, das luth.
Pfarrhaus und die beiden luth. Schulgebäude das Ereignis ins Gedächtnis,
welches vor 150 Jahren seinen Ursprung hatte. So mahnt der Kirchturm wie ein
Zeigefinger und erinnert uns an das einstige Zentrum, den verlorenen
Mittelpunkt des lutherischen Gemeindelebens in Reinswalde.
Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Kirchliche Sitten und
Bräuche vor 70 - 80 Jahren in Reinswalde
Eine Zusammenstellung von Paul Heinze,
leicht überarbeitet von Klaus Winkler
Dieser Bericht schildert ein ganzes kirchliches Leben, von der Geburt bis zum
Tod eines lutherischen Christen in Reinswalde.
Wenn ein Kind geboren wurde, wurde es auch möglichst bald getauft. Es war
üblich, dass das Kind 4 Paten hatte. Ein junges Mädchen hatte die Aufgabe den
Täufling zur Kirche und an den Taufstein zu tragen.
Das Schuljahr, auch das Erste, begann am 1. April in der Schule bei Fräulein
Pfaff, hierher ging der Schüler die ersten 4 Jahre. Weitere vier Jahre ging man
bei Kantor Hoffman, später bei Kantor Meerländer in die Schule. Vor dem
Unterricht wurde eine Strophe eines Kirchenliedes gesungen und ein Gebet
gesprochen. Auch in vielen Familien betete man zu Mittag, vor dem Essen.
Der Konfirmandenunterricht wurde im Pfarrhaus abgehalten er begann nach
Weihnachten und endete Ostern. Da die Kinder einen weiten Weg hatten, begann er
gleich nach dem Schulunterricht um 11 Uhr bis 13 Uhr. Derweil hatten aber die
anderen Schüler weiter Unterricht.
Die Konfirmanden mussten viel lernen, den ganzen kleinen Katechismus, sehr
viele Lieder und Psalmen und Sprüche aus der Bibel. Zum besseren Lernen wurde
vieles aufgeschrieben.
Schließlich war am Sonntag Judika, das ist zwei Wochen vor Ostern, die Prüfung.
Dieser Gottesdienst dauerte meistens fast zwei Stunden. Am Sonntag darauf, an
Palmarum, war dann die Konfirmation.
Zum Abendmahl ging man nur nach vorheriger Anmeldung. Vor dem
Abendmahlsgottesdienst wurde eine allgemeine Beichte abgehalten.
An den ersten Feiertagen großer Feste (Sonntage), wie Weihnachten, Ostern und
Pfingsten, wurde für Pfarrer und Kantor
geopfert. Da die Männer ihre Plätze auf den Emporen hatten gingen sie vor dem
Gottesdienst. Die Frauen hatten ihre Plätze unten im Kirchenraum und gingen nach
der Predigt. Das war für die Männer immer recht interessant, „ welche Frau,
besonders die jüngeren, hat sich heute wieder besonders schön gemacht“: Es war
besonders für junge Männer so eine Art Modenschau. Man ging um den Altar herum,
dort standen zwei Teller, einer für den Pastor und einer für den Lehrer. Andere
Kollekten wurden noch mit dem Klingelbeutel an einem langen Stiel eingesammelt.
Später stand ein Kirchenvorsteher am Ausgang mit einem Teller für die Kollekte
bereit.
Fast jede Familie hatte ihren eigenen Platz in der Kirchenbank, mit einem
Namenschild versehen. Dieser Platz wurde gekauft und später vererbt.
Der Gottesdienst dauerte recht lange, oft zwei Stunden und mehr, in der
ungeheizten Kirche. Erst Mitte der dreißiger Jahre wurden Koksöfen angeschafft.
Nach Ostern wurde für die konfirmierte Jugend am Sonntag Nachmittag noch eine
Christenlehre abgehalten und in der Passionszeit war auch Mittwochs ein
Gottesdienst.
Das bewegteste Fest war Ostern. Ganz frühzeitig blies der Posaunenchor einige
Lieder vom Turm, sie waren so im ganzen Dorf zu hören. Der Kirchenchor sang vom
Sängerberg. Viele Frauen gingen auf den Friedhof und schmückten die Gräber mit
selbst gefertigten Papierblumen. Am Ostersonntag traf sich die konfirmierte
Jugend in der Kirche und anschließend auf dem Friedhof, zu einer
Auferstehungsfeier.
Posaunenchor der luth. Gemeinde Reinswalde um 1940
Die Bläser von rechts nach links: Chorleiter
Ernst Winkler, Otto Schmidt-Kaiserbass, Ernst Henschke, Siegfried Winkler Notenträger,
Gerhard Gärtner, Emil Bogisch, Gotthard Pfennig, August Schmidt, Gotthelf Wolf,
Paul Hänisch, Walter Hänisch, Gotthelf Jäkel, Gerhard Hübner mit Sohn Heinz.
Vorn, im Gras liegt das Helikon von Wilhelm Hänsel, von ihm stammt diese
Aufnahme. Paul Heinze, der Verfasser dieses Berichtes war selbst aktives
Mitglied und eifriger Bläser im Posaunenchor. 1930 war er als 16 jähriger,
einer der Jungbläser des Chores. Zur Zeit der Aufnahme war Paul Heinze Soldat
und ist daher leider nicht mit auf dem Bild.
Der Kirchenchor, es waren etwa zwanzig Sänger, wurde vom
Lehrer dirigiert. Den Posaunenchor, mit etwa 16 Bläsern, dirigierte Ernst
Winkler, der Vater unseres Ortsbetreuers Klaus. Der Ernst blies den Kaiserbass
oder die Zugposaune. Geblasen wurde bei Festgottesdiensten, bei Hochzeiten,
Beerdigungen und zum Kinderfest, gelegentlich auch in Friedersdorf oder in
Sorau an der Euterpe beim Waldgottesdienst.
Hochzeiten wurden meist im Haus der Braut gefeiert. Man bestellte den
Posaunenchor, der spielte mit sechs Bläsern zunächst im Haus des Bräutigams so
um 10 Uhr. Um 13 Uhr ging es zum Haus der Braut um diese abzuholen. Dann wurde
im Traugottesdienst geblasen. Nach der Trauung begleitete der Chor das
Einsteigen des Brautpaares in die Kutsche. Hier war der Dienst des
Posaunenchors beendet, die Bläser bekamen dafür den festen Satz von 1,50 RM pro
Bläser.
Auch zu Beerdigungen spielte der Posaunenchor mit etwa 6 Bläsern, zunächst am
Trauerhaus einige Lieder. Auf dem Weg zum Friedhof wurde die Melodie „Jesus,
meine Zuversicht“ immer eine Strophe dann wieder eine Pause gespielt, die
Gemeinde sang dazu. Der zu Hause aufgebahrte Sarg wurde von zwölf Trägern,
abwechselnd sechs, zum Friedhof getragen. Der Pfarrer und der Lehrer kamen zum
Trauerhaus. Nach dem Kaffeetrinken setzte sich der Trauerzug in Bewegung. Vor
dem Sarg ging zuerst der Posaunenchor dann eine Schar Schulkinder, voran ein
größerer Junge mit dem Kreuz, dann Pfarrer und Lehrer. Der Lehrer musste die
Bücher des Pfarrers und wenn es regnete auch den Regenschirm tragen. Nach dem
Sarg die trauernden Angehörigen, dann die große Trauergemeinde. Während des
Weges läuteten die Glocken. Nach der Beerdigung wurde noch ein
Trauergottesdienst gehalten.
Bis Mitte der dreißiger Jahre gingen die Bläser im Gehrock mit Zylinder, dann
wurden Mützen angeschafft und Gehrock und Zylinder fielen weg.
Das tägliche Mittag- und Abendläuten wurde von der Landeskirche besorgt, doch
am Sonnabend Abend wurde von beiden Türmen der Sonntag eingeläutet. War jemand
gestorben, so läuteten die Glocken am
Vormittag von 9 bis 10 Uhr sein Leben aus, bei Kindern eine halbe Stunde.
1931 kam Pastor Hofmann mit seiner Frau nach Reinswalde in unsere Gemeinde.
Danach hat sich vieles verändert. Beide waren sehr beliebt, sie haben schon
gleich jede Familie in der Gemeinde besucht um diese besser kennen zu lernen.
Auch das Vereinsleben hat sich danach sehr positiv verändert. Der Frauenverein
fand großen Zuspruch.
Pastor
Hofmann hatte schon ein Auto. Hier bei einem Ausflug nach Guben. Einen Teil der
Gruppe konnte er in seinem Auto mitnehmen, der Rest musste mit dem Fahrrad
fahren. Zwischendurch trafen sie sich zu diesem Gruppenfoto.
Die Personen von rechts nach links:
?, Gerhard Labitzke, Herbert Bogisch, Elly Rudtsch, ?, ?, Pastor
Hofmann, Wally Wolf, Elisabeth Wolf, Gotthelf Brehme, Anna Gärtner, Maler
Bergmann, ?
Schreiben Sie bitte an Klaus Winkler, um welche Personen es sich handelt, für
die hier nur das Fragezeichen steht.
Der Jungfrauen- und der Jünglingsverein hatte getrennte oder
auch gemeinsame Versammlungen. Man traf sich im Winter im Schulsaal zu
Bibelstunden und Spielen und im Sommer im Freien zu Spielen oder Wanderungen
bis an den Ortsrand, man sang schöne Lieder über das Dorf. Es war immer
wunderschön und so manche Liebschaft ist dabei entstanden.
Die Pfarrersleute hatten, obwohl sie in der großen Gemeinde viel zu tun hatten,
immer ein offenes Ohr für jeden. Der Pastor hatte die Kirche in Friedersdorf
mit zu versorgen. Die Gemeindeglieder aus Waltersdorf, Goldbach, Marsdorf,
Wellersdorf, Greisitz, Nimbsch, Gorpe und Dobritsch waren auch zu betreuen. Die
Kinder aus diesen genannten Orten kamen nach Reinswalde zum
Konfirmandenunterricht und wurden auch hier konfirmiert.
(Anm.: Die vorstehenden Erinnerungen aus der Zeit um 1925 wurden der
Reihe "Das Reinswalder Jahr", Nr. 4, Dezember 2002 entnommen. Für die
Bereitschaft, diese und die beiden Bilder für die Internetseite zu nutzen,
danke ich sowohl Paul Heinze als auch Klaus Winkler im Namen der Reinswalder
und denen, die sich mit Reinswalde verbunden fühlen recht herzlich. rst)
Zurück zum Inhaltsverzeichnis