Auf dieser Seite "Geschichte" wird über die Geschichte des Dorfes berichtet. Einiges wird auch auf anderen Seiten zu finden sein. Dieses ist dann so gewollt, der Zusammenhang stand im Vordergrund.

Mit interessanten Berichten informiert Sie auch das „Sorauer Heimatblatt“ (s. Hinweis unter "Verschiedenes")

 

 

 

Inhaltsverzeichnis für diese Seite:

1.   Die 700-Jahrfeier 2001

2.   Das Hunnenschloß von Reinswalde

3.   Postzustellung für Reinswalde ab 1842

4.   1822 im Lexikon

 

 

 

 

Die 700-Jahrfeier von Reinswalde/Zlotnik
Ein Rückblick auf den 18/19. August 2001
von Reinhard Steinke, Jever

Wer erinnert sich noch an unseren Besuch im Jahr 1992, als wir, die Reinswalder mit zwei Bussen und unzähligen Pkw angereist, das Fest des friedlichen Nebeneinander feierten? Als dieses dann ein Jahr später beim Gegenbesuch unserer polnischen Freunde in Werben wiederholt wurde, hätte ich nie gedacht, daß wir ein Fest in dieser Größe noch einmal veranstalten könnten. Doch erneut fanden zwei Busse und etliche Autos den Weg in unsere alte Heimat – Fracht auch dieses Mal: die ehemaligen Bewohner mit ihren Angehörigen und Nachkommen. Jedes Mal wieder beeindruckend ist die überaus herzliche Begrüßung der Zlotniker, die uns in ihre Häuser bitten mit den Worten: "Mein Haus ist Dein Haus"! So werde ich über einen Teil dieses Festes berichten, und wie Ihr mich ja alle kennt, erzähle ich immer eine Geschichte aus der Geschichte; denn dieses Fest zum Gedenken an die erste urkundliche Erwähnung aus dem Jahr 1301 zählt nun auch schon wieder zur Geschichte unseres Dorfes Reinswalde/Zlotnik.

Mehr als 700 Jahre sind seit der Gründung von Reinswalde durch unsere Väter vergangen. Eindrucksvoll haben wir uns bei den Vorfahren an diesem langen Wochenende im August 2001 bedankt. Bereits am Ankunftstag zog es die ersten Neugierigen zur Visite nach Reinswalde und der Freitagabend nach unserem Breslau-Ausflug zeigte uns erneut, daß wir erwartet wurden. Alte Bekanntschaften wurden aufgefrischt und auch neue Verbindungen geknüpft. Leider war der Abend bereits so fortgeschritten, daß "Bus 1" wegen Dunkelheit die Rückfahrt ins Hotel antrat. Doch auch "Reinswalde bei Nacht" hat seine Reize, denn kurz vor Waltersdorf begegnete uns "Bus 2", der im Dunkeln das nachholte, was wir im ausklingenden Tageslicht genossen hatten.

Im Anschluß an einen kurzen Abstecher nach Sagan und dem Stadtbummel durch Sorau stand der Samstagnachmittag ganz im Zeichen der Begegnung. Natürlich war mein Geburtshaus auf der Wellersdorfer Straße das Hauptziel für Ellen und mich, und auch Cousin Helmuth mit Familie war als Gast im Haus unserer Großmutter Martha Schmidt mit von der Partie. So versammelten sich doppelt soviel Menschen um den (viel zu) reichlich gedeckten Tisch, als Personen in diesem Haus leben. Doch wieder bewahrheitete sich, daß Zusammenrücken viel Platz schafft, und ich muß feststellen – es war urgemütlich!!! Stolz zeigte uns Senek seinen Hof und die Ländereien und - wie nicht anders zu erwarten - noch stolzer natürlich auch seine drei Zuchtsauen (oder waren es doch fünf ?). Aber wie immer hat alles einmal ein Ende und nach dem obligatorischen Gruppenfoto – diesmal unter dem voller Früchte hängenden Mirabellenbaum im Garten – brachen die Besucher auf. So fand dieser schöne Nachmittag seine Fortsetzung im weiteren Erkunden des geliebten Dorfes. Auch Helena, die allen bekannte Tochter aus der zweiten Ehe von Aronette Otte, wurde natürlich nicht vergessen, aber bei unserer Visite in ihrem Geschäft wirkte sie auf mich dieses Mal zurückhaltender als sonst; ihrer Freundlichkeit tat das allerdings keinen Abbruch.

Der am späten Nachmittag stattfindende lutherische Festgottesdienst mit Abendmahl wurde von Pastor Holst aus Balhorn gehalten und auch Pfarrer Tomkowski war anwesend. Die vorbereitete Gottesdienstordnung in deutscher und polnischer Sprache führte die Anwesenden durch die gesamte Zeremonie. In seiner Predigt
zeichnete Holst einen großen Bogen, der von der Gründung des Ortes bis in die heutige Zeit reichte. Er fragte nach dem gelebten Miteinander seit der Entstehung des Ortes in den Friedens- und Kriegszeiten, erinnerte auch an das Wechselvolle in der Geschichte von Reinswalde und seiner Nachbardörfer und hinterfragte, wie man denn mit Gott gelebt habe? Oder hat man alles als selbstverständlich angesehen? - Was ist geblieben aus 700 Jahre Reinswalder Geschichte außer Erinnerungen, Erzählungen, Bilder aus vergangenen Zeiten, Chroniken, usw. Natürlich wir alle, aber  auch Gott ist geblieben – der Gott, der uns treu ist in seinem Sohn. Pastor Holst wünschte den polnischen Freunden und uns, " dass wir unsere Kraft und unsere Hoffnung immer wieder aus dem Wort Gottes bekommen. ..., dass wir Halt finden in Gottes Wort, der Heiligen Schrift, die von Jesus Christus erzählt. Es ist gut, daß Gott uns seine Treue versprochen hat. Aber es ist auch gut und nötig, daß Gott uns durch sein Wort Grenzen setzt und uns daran erinnert: Ist mein Wort nicht wie ein Feuer und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?" (Der gesamte Wortlaut seiner Predigt ist im Reinswalder Mitteilungsblatt "Das Reinswalder Jahr" Nr. 2 vom Dezember 2001 nachzulesen.)

Zum Schluß erklang das gemeinsam gesungene Lied "Großer Gott, wir loben Dich" - ein wahrhaft würdiger Ausklang dieses Gottesdienstes. Und natürlich, wie nicht anders zu erwarten, fanden sich vor der Kirche die verschiedensten Gruppen zum Plaudern – eben wie in alten Zeiten "Nach-der-Kirche-miteinander-reden". Dann trennte man sich schweren Herzens bis zum Hauptereignis am folgenden Tag.

Dieser begann ganz unspektakulär. Mit beiden Bussen und etlichen Pkw machte sich die Gratulationsschar auf den Weg, um das Dorf zu seinem mindestens 700sten Jahrestag zu ehren. An der Grenze zwischen Waltersdorf und Reinswalde in Höhe von Edmund Kantika trennte sich ein Teil, wie schon so oft, um das Oberdorf zu Fuß zu erkunden. Hier ein "Weißt Du noch?" und dort ein "Das war doch ...!", so ging es gemächlichen Tempos immer weiter, um rechtzeitig den Gottesdienst mit Pfarrer Tomkowski zu erreichen, an dessen Gestaltung auch am heutigen Tag Pastor Holst mitwirkte. Höhepunkte dieser Messe unter Teilnahme der Jugendmusikband aus Zlotnik waren die Segnung der angebrachten Erinnerungstafel für diesen Tag und die Feier des heiligen Abendmahles. Die Ansprachen beider Geistlichen befassten sich natürlich mit dem Anlaß dieses Treffens und beide trafen mit ihren Worten genau das, was das Ziel aller Menschen sein sollte: Frieden und Völkerverständigung auf dieser Welt. Zusammengefasst meinte Pastor Holst in seinem Gruß:

"
Unsere Reisegruppe aus Deutschland möchte dieser Freundschaft zwischen den Völkern Ausdruck geben. Deshalb hat eine Fahrt nach Reinswalde/Zlotnik nicht nur die Erinnerung im Blick, sondern auch die Begegnung mit den polnischen Bürgern. Es bleibt die Aufgabe unserer Völker sich für ein menschliches und friedliches Zusammenleben einzusetzen.
Christen können und sollen ihrem Herrn darin folgen, daß sie Menschen anderer Völker und Rassen nicht verachten, daß sie mit Fremden im eigenen Land freundlich umgehen und sich für die einsetzen, die Hilfe brauchen.
Christen sollen nicht schweigen, sondern widersprechen, wenn Menschen verhöhnt oder diskriminiert werden. Christen können beten für eine tolerante und friedliche Welt und Gott danken für den Frieden."
(Der gesamte Wortlaut ist ebenfalls im Reinswalder Mitteilungsblatt "Das Reinswalder Jahr" Nr. 2 vom Dezember 2001 nachzulesen.)

Nach eindrucksvollen gesanglichen Kostproben des Kinder- und Jugendchores aus Zlotnik u. a. mit dem Lied von der "Schwarzen Madonna" klang dieser Gottesdienst aus und die obligatorischen Fotos wurden natürlich auch nicht vergessen. Doch es war schon erstaunlich: der "Nach-der-Kirche-Plausch" fiel wesentlich kürzer aus als am Tag zuvor. Alles strebte zum Dorfgemeinschaftshaus, in dem unsere polnischen Freunde das Fest in ihrer ganz eigenen Art vorbereitet hatten.

Nachdem sich jeder einen Platz gesucht hatte, begann der offizielle Teil mit Ansprachen des Ortsvorstehers von Zlotnik, des Sekretärs als Vertreter des Bürgermeisters von Sorau und von Klaus Winkler, der außerdem ein bemerkenswertes Grußwort unseres Bundespräsidenten Johannes Rau verlas. Die meisten Reden sind in diesem Erinnerungsheft noch einmal nachzulesen. Ein Höhepunkt der Veranstaltung war sicherlich die Vorführung der Kinder- und Jugendtanzgruppe. Mit dem in Deutsch vorgetragenen Begrüßungslied machten sie uns eine ganz besondere Freude, wobei der kleinste Volkstänzer mit seinen etwa 3 Jahren die wohl stimmgewaltigste Kostprobe seiner bisherigen jungen Karriere gab. Er allein eroberte im Nu alle Herzen im Saal. Natürlich sind auch die Darbietungen des "Damen-Küchen-Chores" nicht zu vergessen, die gleich zweimal einen großen Auftritt hatten. Einmal sangen sie gemeinsam mit Monika auf der Bühne und das zweite Mal hatte ich das Glück, sie für eine Sondervorstellung ihres außergewöhnlichen Stimmvolumens zu gewinnen. Allein der Einmarsch in den und der Ausmarsch aus dem Saal demonstrierte professionelles Können. Das bereits in Balhorn gezeigte Video versetzte uns noch einmal in diese Situation und alle waren erneut begeistert. Zwischenzeitlich konnte ich auch meine Rede vortragen, die sich natürlich mit der Geschichte nicht nur aus Anlaß dieses Festes beschäftigte. Ganz besonders stolz war und bin ich auf die Verleihung der "Goldenen Sorauer Ehrennadel", die mir im Namen des Arbeitskreises heimattreuer Sorauer e. V. vertretungsweise durch Klaus Winkler überreicht wurde. Die Urkunde hat in meinem Arbeitszimmer einen Ehrenplatz unter einem Ölgemälde meines großmütterlichen Geburtshauses gefunden.

Nun, selbstverständlich wurde zwischendurch auch kräftig zugelangt. Nicht nur das Essen war reichlich, auch die Getränke mußten bedingt durch die Wärme mächtig leiden. Gerade die tanzbeinschwingenden Feiernden suchten immer wieder Erfrischung bei Wasser und Limonade. "Tanz ohne Pausen" könnte man ohne weiteres diese völkerverbindende, aber schweißtreibende Rastlosigkeit nennen, die alle umtrieb. Wollte etwa ein großer Teil der "Dauertänzer" im neuen Guinness-Buch der Rekorde seinen Namen wiederfinden? Denn beide, Polen und Deutsche fanden und fanden kein Ende, es war einfach herrlich! Allerdings gaben uns die jungen Musiker einen spektakulären Einblick in ihr musikalisches Repertoire. Bei dem "Ententanz" glänzten noch einmal alle Tänzer mit ihrem Können und die wundersamsten Verrenkungen sind auf Bildern und Filmen für die Nachwelt festgehalten. Es war wirklich ein schönes Fest zu Ehren unseres Dorfes Reinswalde/Zlotnik, aber so ist es nun einmal: Früher oder später heißt es Abschied nehmen und dieses dann, wenn es am schönsten ist! So trug abschließend erneut der "neugegründete Holsten Chor" einige ungeprobte Lieder vor, und auch dieses Mal klappte es hervorragend, wie der Beifall zeigte. Bei der spontanen und auch gelungenen Generalprobe dieses Chores aus Anlaß einer Hochzeit im Hotel in Sorau entschieden wir uns für Strophen des Liedes "Ein Vogel wollte Hochzeit machen". Und ich sehe die glückliche Braut noch vor mir, wie sie mit Tränen in den Augen ihren frischangetrauten Ehemann anstrahlte – mit dieser Überraschung hatte das junge Paar nicht gerechnet. Wir allerdings mit ihrem Dankeschön in Form mehrere Flaschen Wodka auch nicht. Respektvoll wie es nun einmal meine Art ist – wer lacht da? -, fand ich auch gleich für diese Gesangsgruppe in Anlehnung an die bekannteren Fischer-Chöre den passenden Namen: "Holst-en Chöre". Nein, nicht nach dem Namen des bekannten Pilseners, sondern zu Ehren des musikalischen Leiters, den uns begleitenden und nun ebenso bekannten Pastor Holst aus Balhorn.

Mit abschließenden Dankesworten von Pfarrer Holst an unsere alten und neuen polnischen Freunde verabschiedeten wir uns, und auch dieses Mal wurde so manche Träne verstohlen weggewischt. Natürlich gelang auch bei diesem Abschied keine reibungslose Abfahrt, denn hier mußte noch einmal gedrückt werden und dort hatte jemand vergessen "Auf Wiedersehen" zu sagen. Dann hatte einer etwas im Saal liegengelassen und sprang noch einmal aus dem Bus, um das vermisste Teil noch schnell zu holen. Aber irgendwann war es doch soweit und unter Winken und Rufen rollten die beiden Busse langsam auf die Dorfstraße. So manche wehmütigen Gedanken begleiteten diese Abreise, und die Aussagen vieler Reinswalder: "Das wird wohl das letzte Mal gewesen sein!" widerlegte ein gewisser Glanz in ihren Augen. Dieser Glanz offenbarte nämlich genau das Gegenteil dessen, was gesagt wurde. Für einen kurzen Augenblick gestatten wir uns gegenseitig einen Blick in unsere Seele: Wir sehen uns noch einmal wieder und vergessen, nein Reinswalde, vergessen werden wir Dich nie!!!

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

 

 

Das Hunnenschloß bei Reinswalde
Eine bemerkenswerte, doch vergessene Fundstätte der Bronzezeit
von Hans-Georg Rudolph
(aus: Sorauer Heimatblatt Februar 1956
)

 

Als 1872 die Eisenbahnlinie zwischen Reinswalde und Wellersdorf gebaut wurde, stieß man beim Suchen nach geeignetem Baumaterial unweit des Dorfes Reinswalde auf eine schwache Erhöhung, aus der Findlingsblöcke ragten. Man trug den Sand ab und stellte erstaunt fest, daß wohlabgezirkelte Grundrisse von Steinsetzungen sich abhoben. Nach und nach legte man eine von Menschenhand geschaffene Anlage frei, die gewaltige Mauern in beträchtlicher Höhe und Stärke in lockeren Verband enthielt, also eine Steinauftürmung ohne verbindende Mörtelschicht, die als "Cyklopenmauerung" hinreichend bekannt ist. Der Fundort liegt ungefähr 10 Minuten vom Bahndamm entfernt, hart am Wege von Reinswalde nach Greisitz, im Süden des Ortes inmitten der Feldmark. Diese Erhebung wird im Volksmund das "Hunnenschloß" genannt. Ob dieser Name schon vor dem Fund gebräuchlich war, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich möchte es nicht annehmen, denn sonst hätte diese Aufdeckung nicht solche Überraschung bei den Dorfbewohnern ausgelöst. Bekannt war zwar das Hügelgräberfeld in unmittelbarer Umgebung dieses Fundortes, das auch dem Bahnbau mit etwa 150 sogenannten "Han- oder Hunhäusern", also Hünengräbern, zum Opfer fiel.

Schon 1577 hatte Kaiser Rudolf II. auf dem "Töppelberge" zwischen Reinswalde und Wellersdorf Ausgrabungen vornehmen lassen und Erinnerungsstücke mit nach Wien genommen. Der Volksmund verband mit dem "Töppelberge" die Vorstellung, daß hier ein König in einem goldenen Sarge nebst seinem Königsschatz beigesetzt wurde. Noch 1832 standen die drei eichenen Säulen an dieser Stelle, die der Kaiser zum Andenken setzen ließ. Es ist jedoch nicht ersichtlich, ob dieser "Töppelberg" mit der Erhöhung des "Hunnenschlosses" identisch ist.

Das ganze Gebiet um Reinswalde wimmelt von vorgeschichtlichen Altertümern, die leider in nicht ferner Zeit sinnlos verwüstet oder abgetragen wurden. Noch zuletzt war es selbst Laien auffällig, daß der schüttere Kiefernwald von Steinsetzungen übersät war. Ich selbst kam dort mit dem Fahrrade vorbei, stutzte, stieg vom Rade, untersuchte den Waldboden interessiert und stellte fest, daß hier Gräber mit erheblichen Steinsetzungen zerstört waren. Ein Teil der Findlingsblöcke wurde für den Bau der Eisenbahn und zu Straßenaufschüttungen gesprengt, zum anderen Teil wanderten sie als Wegweiser auf die nahe Feldmark. So fand ich einen solchen Wegweiser, der 1815 gesetzt wurde, und der als Kultstein ca 13 unregelmäßig verteilte Mulden aufwies, also ein "Näpfchenstein" war, der noch nicht fachliterarisch erfaßt und höchstwahrscheinlich der genannten Gräberanlage entnommen wurde.

Hunnenschloß ReinswaldeDas freigelegte "Hunnenschloß" wies einen Ringwall auf, der einen Raum von ungefähr 40 Fuß, das sind 12,56 m, im Durchmesser einhegte und im Osten durch einen Eingang unterbrochen wurde. Dieser Eingang hatte einen Vorhof, der wahrscheinlich von einem Sandwall umgeben war. Die Umfassungsmauer in einer Höhe von 2,50 m und einer Stärke von 1,25 m wies in ihrer unteren Schicht Steine von derartigen Verhältnissen auf, daß vier Arbeiter sie nur mit Mühe fortbewegen konnten. In der Mitte des Kreisringes befand sich ein herd- oder altarähnlicher Aufbau von 1,25 m Höhe, von dem anscheinend die daneben liegenden Steine herabgefallen waren. Neben diesem Aufbau lagen Töpfe und Scherben von der gleichen Art wie die, die man in den umliegenden Grabstellen gefunden hatte und die der mittleren, wenn nicht sogar der älteren Bronzezeit entstammten.

Andere Urnen und Gefäße fand man in den, einen freien Innenraum umgebenden Kammern oder Zellen, die durchweg eine Größe hatten, um zwei Kühen bequem Raum zu bieten. Von diesen umgebenden Kammern fanden sich etwa zehn, die mit einem Eingang versehen untereinander von Zwischenmauern in einer Höhe von 0.95 m getrennt waren. Der von diesen Kammern freigelassene Raum im Innern der ganzen Anlage hatte einen Durchmesser von 7,55 m. Zum Teil waren die Steine herabgestürzt und lagen neben den Mauern, die wohl ursprünglich noch höher waren. Das Steinmaterial wurde höchstwahrscheinlich beim Bau dieser Anlage von dem 157 m hohen Plateau zwischen Reinswalde und Goldbach herantransportiert, das eine halbe Stunde entfernt lag, da sich ähnliche Steine in der unmittelbaren Gegend nicht fanden.

Der Schlossprediger Saalborn, dem wir diesen aufschlussreichen Bericht verdanken, bemerkt hierzu, daß die gefunden Gefäße dem Märkischen Museum in Berlin und dem staatlichen Museum für Vor- und Frühgeschichte ebenda überwiesen wurden. Der leitende Ingenieur der Bahnarbeiten, Sühring, fand diese Entdeckung so beachtlich, daß er von sich aus eine Planskizze der Anlage anfertigte und dem Märkischen Museum einreichte. Leider unterblieb von seiten der Fachwissenschaft eine sofortige Untersuchung, die uns nähere Kunde von den Lebensgewohnheiten unserer Vorfahren ermittelt hätten. So wurde die Anlage als Materialquelle ausgewertet und damit zerstört.

Steinbauten aus der Bronzezeit sind äußerst selten in Deutschland, in unserer Gegend überhaupt noch nicht gefunden worden. Vielleicht schloß man in fachwissenschaftlichen Kreisen aus dem Fehlen ähnlicher Funde auf eine weitaus jüngere Siedlungsanlage und verabsäumte deshalb die genauere Durchforschung der Rudimente. Wohnstätten der jüngeren Bronzezeit wurden auf dem Schlossberg von Witzen und der Burganlage im Sorauer Wald freigelegt. Es waren rechteckige Hausgrundrisse in Holzkonstruktion. Der Reinswalder Fund weist in eine ältere Zeit und stellt ein Unikum auf unserem Heimatboden dar. Man hätte annehmen müssen, daß sich zumindest die Lokalforschung dieser Fundstätte angenommen hätte, aber auch diese weiß nichts von diesem eigenartigen Fund zu berichten.

Fräulein Margarethe Gebhardt, die das Flurdenkmalbuch des Sorauer Kreises aufstellte, bemerkt nur kurz den Bericht von Dr. Saalborn und sagt, daß die Gefäße ins Museum nach Leipzig wanderten und die Steine zum Brückenbau verwandt wurden. Meine Versuche, nachträglich Klarheit zu gewinnen, scheiterten. Weder konnte ich die Skizze von Sühring ausfindig machen, die den Saalbornschen Bericht genauer hätte illustrieren können, noch fand ich Gefäße oder Scherben derselben, die eine genaue Zeitangabe ermöglicht hätten, noch anderweitige Bemerkungen in der einschlägigen Fachliteratur. Verabsäumt und vergessen diese einmalige Gelegenheit, das Dunkel der Vorzeit aufzulichten. Da ich diese frühgeschichtliche Anlage für so wichtig erachte, daß eine nachträgliche Klärung dringend notwendig erscheint, so wende ich mich hiermit an die Landsleute von Reinswalde und Wellersdorf (Lehrer Gustav Meerländer) und besonders an die Lehrer dieser Orte, die ja die Reste der Anlage aus eigener Anschauung kennen müßten, mit der Bitte, mir einige Fragen zu beantworten und mir Nachricht zukommen zu lassen.

1. Wer von den vorgeschichtlich interessierten Landsleuten kennt die Stelle aus eigenen Beobachtungen?

2. Wer ist in der Lage, eventuell eine Gedächtnisskizze von den noch erkennbaren Resten der Anlage anzufertigen?

3. Wer hat Gefäßreste an dieser Stelle aufgelesen?

4. Wie sahen diese Scherben aus? Fielen sie durch irgendeine Bemusterung oder Färbung auf? Welche Farbtönung hatten sie?

5. Sind andere Funde in der näheren Umgebung der Anlage gemacht worden? Was wurde gefunden?

6. Weiß Herr Dahnert als Pflegschaftsbearbeiter diese Gebietes etwas auszusagen?

 

Reinswalde weist neben dem Hunnenschloß weitere vorgeschichtliche Eigenheiten auf. Ein Burgwall befindet sich in der Mitte des Ortes, umflossen von Wasser, mit dem Gehöft des Bauern "Wall-Wundtke" mitten darin. Um 1912 ergrub der Bauer Märkisch zahlreiche Urnen aus seiner Feldmark am Verbindungswege zwischen Reinswalde und der Chaussee nach Benau. Sie entstammten der jüngeren Bronzezeit, die die Fachbezeichnung "Billendorfer Kultur" nach ihrem wichtigsten Fundgebiet trägt. Diese Gefäße gelangten zumeist in die vorgenannten Museen. Karl Pfitzmann aus Reinswalde sammelte 1915 zahlreiche Urnenscherben im Walde nahe dem Dorfe, der dem Bauern "Ende-Müller" gehörte. Er übergab seinen Fund dem Märkischen Museum und bemerkte dabei, daß sich in diesem Walde noch vielfach ovale Hügel, anscheinend Begräbnisstätten befänden. Der wichtigste Fund von der Reinswalder Feldmark dagegen blieb unbeachtet und hätte höchstwahrscheinlich den Namen des Ortes in weiten Fachkreisen berühmt gemacht, wie es der Name Billendorf für eine Kulturepoche der Zeit zwischen 800 und 500 vor Christi getan hat.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

 

 

Postzustellung für Reinswalde ab 1842
aus: Sorauer Heimatblatt Oktober 1965, Seite 5

In der Fortsetzungsreihe "Die Post in Sorau" von Reinhold Laurisch † wird interessantes über das Postwesen berichtet und u. a. Reinswalde erwähnt. Der Abschnitt "Zur Errichtung der Landbriefträger-Anstalten" bringt aus dem Sorauer Wochenblatt vom Jahre 1842 in der Nr. 18 folgende Veröffentlichung des Postamtes:

"Des Herrn General-Postmeister Exzellenz haben folgende Einrichtung behufs einer schleunigen und sicheren Bestellung der Briefe usw. nach und von dem platten Lande für den hiesigen Post-Amtsbezirk befohlen: Der als Landbriefträger angestellte Postbote Gierach bestellt vom 2. Mai d. J. ab sämtliche mit den Posten ankommende und hier aufgelieferte Briefe und Pakete bis zum Gewicht von 8 Pfd. Gegen einen Bestellgeld von 1 Silbergroschen für Briefe und Sachen bis 16 Loth, und von 2 Silbergroschen für dergleichen über 16 Loth. Ebenso übernimmt der Landbrief-Besteller die Beförderung von Briefen und Paketen von einem Dorf zum andern, wenn solche auf seiner unten näher angegebenen Tour liegen oder nach Sorau zur Abgabe im Postamt, um bestellt oder weiter befördert zu werden, wofür dieselbe Taxe angewendet wird.
Die Bestellung findet statt:
Montag nach Waltersdorf,
Reinswalde, Benau, Friedersdorf, Hermsdorf, Laubnitz, Droskau und Grabig;
Dienstag nach ....., Mittwoch nach ....., bis Sonnabend nach ......

Sorau, den 23. April 1842
Königl. Post-Amt
Groß"

1843 wurde ein zweiter Landbriefträger angenommen, und da am 1.9.1849 die dreimalige wöchentliche Bestellung eingeführt wurde, erfolgte die Anstellung eines dritten Landbriefträgers. Seit dem 1.3.1854 findet die sechsmalige wöchentliche Bestellung statt, und es wurde eine vierte Landbriefträgerstelle eingerichtet.

1875 gehörten noch 20 Ortschaften zum Landbestellbezirk, 1895 nur noch 5 mit 5018 Einwohnern. Postanstalten waren im Laufe der Zeit entstanden in: ....., Benau 1872, ....., Wellersdorf 1876, .....
(Reinswalde wird in dieser Ortsliste nicht erwähnt – Hinweis von rst)

In Sorau wurden am 1.9.1929 zwei Landkraftpostlinien zur postalischen Versorgung folgender Ortschaften errichtet: ....., Reinswalde, .....

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

 

 

"Vollständiges Staats= Post= und Zeitungs=Lexikon von Sachsen" von 1822 (Band 9)"

Reinswalde

 

Reinswalde, in alten meißn. Urkunden Reyniswalde und Renyswalde, ein Amtsdorf im Herzogth. Sachsen, im Gubener Kreise der Niederlausitz (R. B. Frankf., Kr. Guben), 2 Stunden von Sorau auf Christianstadt, an einem dem Bober zufließenden Bache gelegen. Im Pabstthum gehörte es in den unter dem Dechant zu Bautzen stehenden Sprengel Sorau, und die Collatur stand bis 1815 dem Consistorium zu Sorau zu. Der Ort ist bedeutend; denn er hat außer der Pfarrkirche und Schule, ein Vorwerk, 2 Windmühlen, 150 Häuser und über 1000 Einwohner; unter letztern sind 48 Bauern, 35 Gärtner, 60 Häusler, mit 24 Pferden, 30 Ochsen und 1766 Fl. Schatzung. Außer der Feldwirthschaft treibt man hier guten Obstbau und cultivirt eigene Baumschulen. Im Dorfe wird auch viel Leinwand gefertigt, und auf der Flur gräbt man Raseneisenstein. Laut Streits Atlas gehören auch 2 Wassermühlen zum Dorfe.

 

Zurück zum Inhaltsverzeichnis